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Herz auf Empfang

Erschienen am 29.06.2018
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783963620027
Sprache: Deutsch
Umfang: 288 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 20.5 x 13.5 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Für die junge, introvertierte Telegrafistin Grace ist die Frauenkolonie von Harpers Station Heimat und Zufluchtsort zugleich. Als sie über die Telegrafenleitung die Bekanntschaft von Amos, einem netten Kollegen, macht, gerät ihr zurückgezogenes Leben in Bewegung. Doch gerade, als Grace zu hoffen beginnt, dass das Leben noch etwas Glück für sie bereithält, zieht eine ernstzunehmende Bedrohung am Himmel über Harpers Station auf: Ein alter Feind nimmt ihre Spur wieder auf und bedroht das Leben von Grace und ihren Freunden. Als Amos davon erfährt, macht er sich auf den Weg, um der Frau, die er noch nie gesehen hat, beizustehen. Aber kann er, der brillentragende, fahrradfahrende Telegrafist, der mehr Intelligenz als Muskeln besitzt, Grace der Helfer sein, den sie jetzt braucht?

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Stefan Jäger
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Autorenportrait

Karen Witemeyer liebt historische Romane mit Happy-End-Garantie und einer überzeugenden christlichen Botschaft. Nach dem Studium der Psychologie begann sie selbst mit dem Schreiben. Zusammen mit ihrem Mann und ihren drei Kindern lebt sie in Texas.

Leseprobe

Kapitel 1 Spätherbst 1894 Denison, Texas Amos Bledsoe! Verschwinden Sie von der Straße, bevor Sie mit diesem neumodischen Apparat noch jemanden umbringen! Er musste sich zusammenreißen, doch er schaffte es, nicht die Augen in Richtung der jungen Dame zu verdrehen, die auf dem Bürgersteig vor dem Geschäft der Damenschneiderin Hof hielt. Seine Mutter hatte ihm Manieren beigebracht, also entschied er sich dazu, stattdessen eine Hand vom Lenkrad zu nehmen und seinen Hut zu lupfen, als er langsam an ihr vorbeifuhr. Dann hielt er an und stieg ab. Miss Dexter. Er zwang sich sogar zu einem Lächeln, obwohl seine Bemühungen die Empörung auf dem Gesicht der Dame nicht mildern konnten. Er nickte auch ihren allgegenwärtigen Begleiterinnen zu. Miss Berryhill. Miss Watts. Ich muss etwas feststellen. Harriet rümpfte die Nase, während sie mit ihrer behandschuhten Hand in seine Richtung wedelte. Wenn Gott gewollt hätte, dass die Menschheit sich auf zweirädrigen Apparaten fortbewegt, hätte er keine Pferde erschaffen. Sehen Sie doch nur, wie zittrig Sie fahren. Jeder Mensch mit Verstand weiß doch, dass nur Fahrzeuge mit vier Rädern stabil sind. Was ist mit einem zweirädrigen Ponykarren?, warf Miss Berryhill mit gerunzelter Stirn ein. Meine Tante Bea fährt die ganze Zeit mit so einem Karren durch die Gegend und hatte noch nie Prob-leme. Das liegt daran, dass er an einem Pony befestigt ist. Einem Lebewesen mit vier Beinen, schnappte Harriet. Das Tier gibt dem Karren Stabilität. Amos musste zugeben, dass sie nie um eine kluge Antwort verlegen war. So wenig er sie auch leiden konnte, weil sie ihn nicht leiden konnte, musste er doch ihre Intelligenz anerkennen. Er wünschte sich nur, sie würde sie für etwas anderes einsetzen, als ihn in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Denn das schien ihr liebster Zeitvertreib zu sein. Fahrräder sind vollkommen ungefährlich, das kann ich Ihnen versichern, konterte Amos, entschlossen, ihr seine moralische Überlegenheit zu zeigen. Selbst junge Frauen fahren sie. Im Osten sind sie der neuste Schrei. Haben Sie denn nicht die Bilder in der aktuellen Ausgabe von Harpers Bazar gesehen? Na gut, dann bekam seine moralische Überlegenheit eben einen kleinen Knick. Doch er konnte dem Drang, sie zu reizen, einfach nicht widerstehen. Meine Schwester hat gesagt, dass die Fahrradmode aus Paris auf dem Titelbild von Harpers zu sehen war. Er nickte in Richtung der Schneiderei. Wenn Sie sich noch nicht informieren konnten, wird Mrs Ludlow Ihnen bestimmt gerne ihre Ausgabe zur Verfügung stellen. Er hätte niemals gedacht, dass es ihm einmal zugutekommen würde, eine Schwester zu haben, die ständig den neusten Modetrends hinterherjagte. Doch jetzt, wo er sah, wie Harriet Dexter verzweifelt nach einer schlagfertigen Antwort suchte, waren die endlos langen Abende, die er im Salon seiner Mutter damit verbracht hatte, den Frauengesprächen über Stoffe und Schnittmuster zuzuhören, die Qualen plötzlich wert. Wirklich, Amos!, haspelte Harriet. Wie vulgär von Ihnen, in gemischter Gesellschaft von von Hosenröcken und und Pluderhosen zu sprechen. Ich bin entsetzt. Einfach nur entsetzt. Sie schnaubte und marschierte auf dem Bürgersteig in die andere Richtung. Kommt, meine Damen. Ich sehe einen Gentleman, der unsere Gesellschaft mehr zu schätzen weiß. Hallo, Roy! Sie winkte und ein Cowboy, der vor Yeidels Bierhalle stand, tippte sich an die Hutkrempe - kurz, bevor er einen Schwall Kautabak in den Straßenschmutz spuckte. Offensichtlich ein Bild von einem Gentleman! Wie könnte Amos da mithalten? Die Flucht in den Sarkasmus nahm der Zurückweisung normalerweise ihren Stachel, obwohl einige Wunden zurückblieben. Das war immer so. Selbst nach all den Jahren der Übung. Amos zuckte mit der Schulter und setzte sich wieder auf sein Fahrrad. Er trat kräftiger als sonst in die Pedale, um so schnell wie möglich Abstand zwischen sich und sein jüngstes kommunikatives Scheitern zu bringen. Die Begegnung heute hätte ihn nicht ärgern sollen. Es war ja nicht gerade so, dass er sich Harriet Dexters Aufmerksamkeit wünschte. Die Frau war eine Giftnudel erster Güte. Es war eher eine Sache des Stolzes, vermutete er. Niemandem gefiel es, als unzureichend wahrgenommen zu werden. Oder immer mit einer Männlichkeit verglichen zu werden, die man selbst niemals erreichen würde. Einen Block hinter der Kreuzung der Straßen Main und Austin nahm der Verkehr merklich ab. Die Geschäfte machten Schulen, Kirchen und schließlich Wohnhäusern Platz. Lucys Haus war noch drei Blocks von der Morton Street entfernt, was ihm vor dem Abendessen leider noch viel Zeit ließ, über die Launen des weiblichen Gemüts nachzudenken. Wenn sie immer noch in prähistorischen Zeiten leben würden und das Überleben der Familie von der körperlichen Überlegenheit eines Mannes den Konkurrenten gegenüber abhinge, könnte er ja verstehen, warum Frauen einen Cowboy wie Roy Edmundson bevorzugten - trotz seines Tabakkonsums und seines Hanges zu hartem Alkohol. Doch sie lebten in modernen Zeiten, wo wissenschaftliche Entdeckungen und industrieller Fortschritt die Gesellschaft bestimmten. Trotzdem sammelten sich Frauen anscheinend immer noch um die dicksten Muskeln und größten Bankkonten und übersahen vollkommen die Vorteile von Intellekt und Inte-grität. Na gut, nicht alle Frauen. Es gab ein paar wenige da draußen, die am Äußeren und dem Status eines Mannes vorbeisahen. Lucy. Seine Mutter. Amos lenkte um einen besonders holprigen Abschnitt der Straße herum. Bestimmt gab es noch andere. Er dachte an die Frauen aus der Kirche, die ihm immer ein Lächeln und ein freundliches Wort schenkten. Sie alle waren Juwelen. Und sie alle waren schon weit über fünfzig Jahre alt. Amos verzog den Mund zu einem ironischen Grinsen. Anscheinend bedurfte es eines gewissen Maßes an Reife, um seine individuellen und ungewöhnlichen männlichen Eigenschaften schätzen zu können. Sein Lächeln verschwand. Bestimmt fiel Miss G nicht in diese Kategorie. Nicht dass sie nicht reif oder weise wäre. Sie schien alles zu haben, was sich ein intelligenter, gebildeter Mann bei einer Frau nur wünschen konnte. Bis darauf, dass sie offenbar leider alt genug war, um seine Mutter zu sein. Dieser deprimierende Gedanke verwirrte Amos so, dass er fast gegen den Baum geprallt wäre, der im Garten seiner Schwester Schatten spendete. Im letzten Augenblick riss er das Lenkrad herum und betätigte hektisch die Bremsen. Wie viele Monate hatte er seine Hoffnungen auf eine glückliche Zukunft an die mysteriöse Miss G gehängt? Diese Dame voller Witz und Esprit, die ihn mit Geschichten von Gesetzlosen, Quilting-Fiaskos und der beginnenden Romanze zwischen einer Ladenbesitzerin in ihrer Stadt und ihrem Frachtfahrer unterhielt. Vor allen Dingen diese letzte Geschichte hatte er mit großem Interesse verfolgt, da sie ihm Mut machte, dass ein hartnäckig um eine Frau werbender Mann schließlich auch erhört werden würde. Doch was, wenn diese entzückende Miss G eine alte Matrone war, eine großmütterliche Figur und nicht die junge, attraktive Frau, die er sich immer vorgestellt hatte? Das wäre verheerend, denn er hatte sich mehr als nur ein wenig in die Telegrafistin von Harpers Station verliebt. Das waren die Vorteile, aber auch gleichzeitig die Tücken am Beruf des Telegrafisten: man konnte eine Unterhaltung oder eine Freundschaft - oder etwas tiefer Gehendes - mit jemandem beginnen, der Dutzende Meilen weit weg war, mit einer Person, die man noch nie gesehen hatte. Wie leicht wäre es für die Person am anderen Ende des Drahtes, sich falsch darzustellen, zu behaupten, sie wäre eine junge, unverheiratete Schönheit, wo sie doch in Wahrheit eine reife Mutter von fünf Kindern mit schlechten Hygienegewohnheiten und verdrehtem Humor war. Er hatte sogar schon davon gehört, dass männliche Telegrafisten sich als Frauen ausgaben, nur um ihren Kollegen einen Streich zu spielen. Amos hatte gedacht, er würde Opfer eines solchen Scherzes, als er vor ein paar Monaten zum ersten Mal am Draht über Miss G ...

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