Beschreibung
'Verweile Doch' ist eine lyrische Novelle, in der die grundlegenden Komponenten unseres Daseins fiktiv modifiziert sind: Henna und Mathilde setzen die übliche Ökonomie von 'Sex gegen Geld' außer Kraft, indem sie wie zwei Engel auf der Erde wandeln und den Leuten beides bringen, Sex und Geld. Dies sorgt für Verwirrung, denn niemand weiß mehr, wer jetzt eigentlich die Hure ist. Gerade, als sie sich zu einem gemeinsamen Liebestod entscheiden, kommt ihnen der globale Entschluss in die Quere, dass die Menschheit ihre physische Existenz nicht mehr braucht. Leben und Tod werden das Gleiche und Sterben wird unmöglich. Henna und Mathilde treiben, wie alle anderen, für 300 Jahre in einer immateriellen Welt herum, bis jemand eines Tages eine Pforte zurück ins Körperliche und auf die Erde findet. Die Frage nach Hierarchie muss unter neuen Voraussetzungen gestellt werden. Klingt abgedreht? Ist es gar nicht. Theresa Patzschke stellt sich mit ihrer Novelle schlicht in die Tradition des New Weird, der Spekulativen Fiktion und erotisch-feministischen Literatur. Mit ihrem Ziel, das Leben und den Kapitalismus erzählerisch zu überwinden, scheitert sie glamourös und gnadenlos, denn sowohl der Tod als auch der Postkapitalismus sind buchstäblich unvorstellbar. Mit dem vorhandenen Vokabular von Sprache wird die Erzählung immer wieder auf das bereits Bekannte zurückgeworfen. Dies ist so tragisch wie komisch und dennoch nicht ohne Hoffnung. In einer Zeit, in der alles auf dem Spiel zu stehen scheint, werden die Worte 'Verweile doch, du bist so schön!' zu einer eindringlichen Anrufung an alles, was uns lieb ist.
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Leseprobe
Und gleichzeitig gab es natürlich auch alles. Es war, als ob sie mit geöffnetem Haupt kopfüber in ein Wasser springen würde und sie in diesem Wasser zur gleichen Zeit in die Tiefe und auf die Oberfläche zu schwimmen würde. Außerdem war sie eine überreife Feige, die so pervers tropfte, wie es eben nur Feigen können oder Brüste oder Schwänze oder Scheiden, und sie lümmelte als Feigenfleisch pervers in Mündern von Leuten herum. Alles stöhnte. Mathilde stimmte ein in das alleinheitliche Stöhnen und zerschnitt die Luft mit ihrem Atem. Und je lauter sie stöhnte, desto präzisere Formen schnitt sie aus der Luft wie Marmorblöcke aus griechischen Tempeln.