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BABY

Erzählungen, Reihe 1 7, Deutschsprachige und internationale Gegenwartsliteratur

Erschienen am 03.03.2014
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783944122083
Sprache: Deutsch
Umfang: 187 S.
Format (T/L/B): 2 x 20.6 x 12.9 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Zehn großartig geschriebene, bissig-witzige Erzählungen über Paare, Familie und Kinder. JONATHAN FRANZEN über Paula Bomers 'BABY': '>BABY< fällt den Leser an wie ein tollwütiger Hund - und man ist noch dankbar dafür. Diese Art zu schreiben gehört zum Rauesten und Eindringlichsten, was mir je begegnet ist.' Was tust du, wenn du weißt, dass du die falsche Person geheiratet hast? Wenn der bezaubernde dreijährige Sohn sich einen dickköpfigen, mürrischen Jungen verwandelt? Wenn von den Söhnen ausgerechnet der Versager an deinem Rockzipfel hängt? Wenn du merkst, dass dein Mann dich nie geliebt hat und dich deshalb hasst? Wenn du spürst, dass du deine Frau liebst, obwohl sie nur mehr aus Shoppen und Aufräumen besteht, und der Sex nicht wie früher darüber hinwegtäuschen kann? Wenn außerehelicher Sex und Alkohol die einzigen Kicks sind? Sich das so lange ersehnte Baby bei allem Liebreiz vor allem als Arbeit erweist und die Leere des eigenen Lebens noch deutlicher werden lässt? Wenn der Mann die Liebe seiner Frau an den Sohn verliert? All diesen Fragen geht Paula Bomer in ihrem Zyklus von Erzählungen nach, die durch zahlreiche Querweise miteinander verknüpft sind. Mit Biss und viel Witz, schonungs-, aber nicht gnadenlos, sondern mit großer Sympathie für ihre Figuren bei allen Schwächen, Fehlern und Unzulänglichkeiten beschreibt sie, wie Frauen und Männer sich als Paare mit ihren Kindern heute durchs Leben manövrieren. Und wirkt deshalb so wahr und überzeugend, weil sie auch dort hinsieht, wo wir gerne den Kopf wegdrehen oder darüber hinwegplaudern. 'Wie können wir so leben? So sterben? Es war doch nicht möglich, dass ihr gemeinsames Leben wirklich so schäbig war. War seine Frau vielleicht gestorben, weil sie nicht gelebt hatte? Mein Gott, warum hatte er nichts dagegen unternommen? Warum hatte er sie so krank werden lassen? Warum hatte sie sich so gehen lassen?'

Produktsicherheitsverordnung

Hersteller:
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DE 04107 Leipzig

Autorenportrait

Paula Bomer ist in South Bend, Indiana, aufgewachsen und lebt in New York, im Stadtteil Brooklyn.

Leseprobe

In der Nacht, als sie starb, sah er sie aus dem Bad zurückkommen. Im Halbschlaf, mitten in der Nacht sah er sie. Sie hatte ein dünnes weißes Nachthemd an, ihre Arme waren leuchtendrot und klatschnass. Sie hustete so laut, dass er sich aufsetzte, so sehr hatte das Geräusch ihn erschreckt. Sie legte die nackten Hände über den Mund, und als sie sie von ihrem zitternden Gesicht wegnahm, tropfte eine dunkle Flüssigkeit von den Fingern auf den Boden. 'Ich sterbe. Ich glaube, ich sterbe, und ich habe Angst.' 'Gleich morgen früh gehen wir zum Arzt', sagte James leise, 'das kriegen wir wieder hin.' Hatte er das geglaubt? Aber nein, James glaubte an gar nichts mehr. Er wusste einfach, was zu sagen war, wenn etwas zu sagen war. 'Ich hab solche Angst', sagte sie und rieb die schmutzigen Hände am Nachthemd auf und ab. Ihre Stimme war nicht mehr die ihre. James schloss, mitten in der Nacht, dass das, was sie von sich gab, keinen Sinn ergab, denn er erkannte ja ihre Stimme nicht wieder. 'Geh wieder schlafen. Geh einfach wieder schlafen.' Als sie sich dem Bett näherte, schlug ihm ein so giftiger Geruch entgegen, dass er sein Gesicht schnell im Kissen verbarg und sich am äußersten Rand der riesigen Matratze zusammenrollte. Dort, in dieser Stellung, so weit vom Tod entfernt wie nur irgend möglich, ohne seine Frau in diesem Zimmer alleine zu lassen, schlief er neben ihr ein, während das, was von ihr in ihrem Innern noch übrig war, aufhörte zu existieren. Er schämte sich nicht, wenn er daran dachte. Aber er war verwundert. Wie können wir so leben? So sterben? Es war doch nicht möglich, dass ihr gemeinsames Leben wirklich so schäbig war. War seine Frau vielleicht gestorben, weil sie nicht gelebt hatte? Mein Gott, warum hatte er nichts dagegen unternommen? Warum hatte er sie so krank werden lassen? Warum hatte sie sich so gehen lassen? Sie waren keine mutigen Menschen, angesichts des Lebens nicht, und eindeutig auch nicht jetzt, im Angesicht des Todes. Die Kälte ihres Todes würde schon bald auf ihn übergreifen, er spürte es in der Distanz zu seinem eigenen Körper. Die Sonne in Florida konnte ihn auch nur ein wenig aufwärmen. Er würde sie vermissen, so, wie er einen abgeschnittenen Arm vermissen würde. Er würde sich schämen als ob er einen körperlichen Makel hätte, der für die ganze Welt offensichtlich war. So könnte er mit der Trauer umgehen, über Scham und Erniedrigung, über das öffentliche Eingeständnis seines gescheiterten Lebens. Das Klingeln des Telefons schreckte James auf. Und das klingelnde Telefon (er würde nicht rangehen) brachte ihn dazu, seinen Blick von der Straße ab- und zum Haus hinzuwenden, wo seine beiden Kinder auf ihn zukamen, durch den abgedunkelten, engen Durchgang ihres Ferienhauses, die Gesichter im Schatten, verdeckt, konturlose Geschöpfe, die auf ihn zustürzten, auf ihn, der draußen in der Sonne saß. Angst packte ihn. Warum hatten sie aufgehört zu fernsehen? O Gott, wenn sie doch einfach für immer weiter fernsehen würden, dann wäre alles o. k.! Sie kamen auf ihn zu, wie Monster, rot und verbrannt und von seinem Platz aus riesenhaft. Er wollte ihnen nicht in die Augen sehen, nicht jetzt, noch nicht. Dabei waren sie doch bloß seine Kinder. Aber sie würden Fragen an ihn haben, die er ihnen nicht beantworten konnte. Sie kamen. So schnell, und so früh, wie Tiere würden sie über ihn herfallen. Überall auf ihm herumkriechen. Er war darauf nicht vorbereitet, überhaupt nicht, und das war bedeutungslos. Aus der Erzählung: Galoppierende Infektion

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