Beschreibung
Um 1900 entstanden in West- und Mitteleuropa mehr als vierzig Zoologische Gärten, über ein Dutzend davon allein in Deutschland. Die Gründung dieser Institutionen war nicht zuletzt politisch motiviert, sollte das Volk durch die Beobachtung der Tiere und den Aufenthalt in der freien Natur doch 'versittlichen und einsichtsreifer werden', wie die bürgerlichen Zoogründer verkündeten. Den endlosen grauen Häuserschluchten der modernen Metropolen sollten zu diesem Zweck exotische Refugien entgegengestellt werden, die mit dem Großstadtgetümmel jenseits der Mauern nichts zu tun hätten. Tatsächlich jedoch erwiesen sich diese Trennlinien als äußerst brüchig und durchlässig, kamen in den bürgerlichen Zoos doch vor allem Tiere und Landschaften zur Anschauung, die zumindest ebenso sehr von den Erfahrungs- und Vorstellungswelten ihres städtischen Publikums bestimmt waren wie von den Klischees des Fremden, auf das sie verwiesen. Künstliche Tiere waren die Ikonen dieser Orte, die ihren andauernden Erfolg nicht aus der strikten Trennung von Natur und Kultur, Wildnis und Weltstadt, Tier und Mensch bezogen, sondern gerade aus deren wechselseitiger Durchdringung, aus den produktiven Spannungen zwischen diesen Kategorien.
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Autorenportrait
Christina Wessely studierte Geschichte und Germanistik in Wien und Berlin. Nach ihrer Promotion war sie am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin, am Department of the History of Science der Harvard University, an der Universität Wien sowie an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig, wo sie 2014 auch habilitiert wurde. Seit 2014 ist sie Professorin für Kulturgeschichte des Wissens an der Leuphana Universität Lüneburg.