Beschreibung
Nähert man sich der Stadt auf dem Seeweg, so offenbart sie dem Reisenden ihr unverwechselbares Traumgesicht, das, einmal gesehen, nie wieder vergessen werden kann. Aber egal auf welchem Weg man in Lissabon ankommt, ob zu Wasser, Land oder Luft, sobald der Fuß des Besuchers das charakteristische weiße Kalksteinpflaster berührt und das Auge von den künstlerischen Kacheln an den Fassaden der Häuser bezaubert wird, zieht die Lichtgestalt unter Europas Metropolen einen unweigerlich in ihren Bann. Lissabon hat natürlich auch dunklere Seiten: Alte Häuser erscheinen dem Betrachter meist romantisch, haben für den Bewohner oft jedoch weit weniger Charme. Trotzdem, für echte Lisboetas gibt es außerhalb von Lissabon nichts, zumindest nichts von Belang. Die Stadt ist ihnen die Welt an sich, für sie gibt es keine Konkurrenz: 'Sieben Hügel? Die haben wir, und alle Wege führen zu uns.' Holger Ehling hat sich mit vielen Lisboetas getroffen und mit ihnen über ihr Leben und ihre Sicht auf die Stadt gesprochen. Unter anderem streifen wir mit José Antunes durch die Geschichte der Stadt, freuen uns mit Ricardo Cortiço über die Begeisterung für Azulejos, die schönen Kacheln, sinnieren mit Mario Pacheco über den Fado, mit João Raimundo über den Fußball, genießen das süße Gebäck von João Castanheira, besuchen die Livraria Bertrand, die älteste Buchhandlung der Welt und tauchen im Gespräch ein in die vielen anderen Facetten, die Lissabon so lebens- und liebenswert machen.
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Autorenportrait
Holger Ehling ist Journalist und Sachbuchautor. Als Reporter hat er aus Afrika und Lateinamerika berichtet, war Kommunikationschef der Frankfurter Buchmesse sowie viele Jahre Korrespondent in London. Er lebt in Frankfurt, aber Lissabon ist ihm zur zweiten Heimat geworden. Er ist fasziniert von der Gestalt der Stadt, dieser Mischung aus Licht und Architektur, und vor allem von den Lisboetas, die ihn mit offenen Armen willkommen geheißen haben. Inzwischen hat er sogar Portugiesisch gelernt und drückt Benfica die Daumen - sehr zum Gram seines besten Freundes in Lissabon.
Leseprobe
Ganz gleich, mit wem man über Lissabon spricht, jeder erwähnt irgendwann das ganz besondere Licht der Stadt, und dies nicht erst seit Alain Tanners Film Dans la ville blanche (1983). Das Licht ist intensiv und durchdringend, es ist fast weiß und hart und es verleiht der Stadt einen gleißenden Zauber. Für die Lisboetas ist es ein wichtiger Teil ihrer Identität. Das könnte man für geschickte Touristenwerbung halten, aber die Besonderheit des Lissabonner Lichts ist das Resultat von Geografie, Topografie, Klima und Architektur: Ganz im Süden Europas gelegen, hat Lissabon durchschnittlich 2.786 Sonnenstunden im Jahr, mehr als jede andere europäische Hauptstadt. Madrid hat 100 Sonnenstunden weniger, Berlin kommt auf 1692 Sonnenstunden, was immer noch 30 mehr sind als in Paris. London mit 1573 Sonnenstunden pro Jahr wirkt dagegen recht trübe. Dazu kommt die Lage der Stadt: Der Tejo fließt südlich der Stadt in fast gerader Linie von Ost nach West. Den ganzen Tag scheint die Sonne auf den Fluss, der das Licht wie ein gigantischer Spiegel in die Stadt wirft. Die steilen Hügel der Stadt sind angeordnet wie ein Amphitheater, die Fassaden der Häuser, hell gestrichen oder mit Kacheln verkleidet, reflektieren das Licht hinunter in die Stadt. Das weiße Kalksteinpflaster der Calçada Portuguesa, die Bürgersteige und Plätze schmückt, reflektiert das Licht erneut, und besonders im Sommer entsteht der Eindruck, das Licht käme gleichzeitig von oben als auch von unten. Die Witterung trägt ebenfalls dazu bei: In der Regel herrscht eine geringe Luftfeuchtigkeit in Lissabon und es gibt vergleichsweise wenig atmosphärischen Staub. Das, was doch an Smog oder Staub in der Luft ist, pustet der Wind davon, der zumeist aus Nord/Nordost kommt und den Himmel zu allen Jahreszeiten oft tief blau wischt. Eiligen Touristen entgeht ob der vielen Sehenswürdigkeiten aber oft die eigentliche Attraktion dieser Stadt - die Lisboetas. Um sie kennenzulernen, muss man die touristischen Pfade verlassen und sie in ihren Kneipen, Restaurants, Bars und vor allem in den allgegenwärtigen Pastelarias besuchen. Wenn man sich dann noch die Mühe macht, wenigstens ein paar Brocken Portugiesisch zu lernen, öffnen sich schnell die Herzen.