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Maucher und Malik über Management

eBook - Maximen unternehmerischen Handelns

Erschienen am 08.10.2012, 1. Auflage 2012
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593417639
Sprache: Deutsch
Umfang: 356 S., 3.27 MB
E-Book
Format: PDF
DRM: Digitales Wasserzeichen

Beschreibung

In diesem Buch erfahren Sie alles, was nach Ansicht der Autoren erfolgreiches Management ausmacht. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Buches sind Aussagen aus Reden, Aufsätzen und Interviews von Herrn Maucher aus den vergangenen Jahrzehnten.Gemeinsam arbeiten die beiden Management-Koryphäen - auch "sozialverantwortliche" - Führungsleistungen heraus, die universelle Gültigkeit haben. Heute, wo so viele fragwürdige und zum Teil irreführende Dinge über das Management und seine gesellschaftliche Funktion verbreitet werden, sind die Gedanken der beiden Autoren ein Orientierungspunkt und Leitfaden für beispielgebendes und richtiges Management mit dem die heutigen und zukünftigen Herausforderungen an die Unternehmensführung erfolgreich gemeistert werden können.In einem speziell für dieses Buch geführten Dialog zwischen Maucher und Malik erfahren die Leser unter anderem, inwiefern die heutige Krise auch und vorwiegend durch falsches Management entstanden ist. Für Führungskräfte und Unternehmer sowie für Politiker hat dies eine besondere Bedeutung.Sie lernen zugleich die universell gültigen Grundsätze, Strategien, Methoden und Tools kennen, die das Top Management instand setzen, ein Unternehmen auch in komplexesten Situationen richtig und vor allem langfristig erfolgreich zu führen.

Autorenportrait

Einem guten Manager geht es nie um sich selbst, sondern immer um das Unternehmen. Dies ist einer der Leitsätze, mit denen Dr. h.c. Helmut Maucher während seiner 19 Jahre an der Spitze von Nestlé (1981-2000) das Unternehmen zum weltgrößten Nahrungsmittelkonzern aufgebaut hat. Der heutige Ehrenpräsident des Nestlé-Konzerns und einer der weltweit besten Manager hat sich aber stets auch über das Unternehmen hinaus engagiert, so beispielsweise als Präsident der Internationalen Handelskammer (ICC, Paris) oder als Leiter des European Round Table of Industrialists. Neben zahlreichen Vorträgen, Reden und anderen Schriften ist Maucher Autor der Bücher: »Marketing ist Chefsache. Von der Kunst, ein Weltunternehmen zu führen«. »Management-Brevier Ein Leitfaden für unternehmerischen Erfolg«, ausgezeichnet als eines der »100 besten Wirtschaftsbücher aller Zeiten« (Murmann Verlag, 2011).Prof. Dr. Fredmund Malik ist bekannt für sein präzises Denken, seine scharfsinnigen Analysen und seine klare Sprache. Seit mehr als 30 Jahren arbeitet der mehrfach ausgezeichnete Bestsellerautor, Managementwissenschaftler und Unternehmer an einem lehr- und lernbaren Berufsstandard für professionelles Management. Die ganzheitlichen Managementmodelle für das Funktionieren komplexer Systeme haben ihr Fundament in den Komplexitätswissenschaften Kybernetik, Systemik und Bionik. Maliks Knowledge Organisation Malik Management Zentrum St. Gallen mit Niederlassungen in St. Gallen, Zürich, Wien, Berlin, London, Shanghai und Toronto, ist der größte Think Tank für ganzheitliches General Management.Dr. Farsam Farschtschian ist Direktor bei der Deutschen Bank und verantwortet dort am Hauptsitz die strategische Beratung von internationalen Unternehmern und Key Clients aus Europa, dem mittleren Osten und Afrika. Er hat aufgrund seiner Forschungstätigkeiten im Bereich der Corporate Governance als Mitherausgeber und Co-Autor an der Realisierung dieses Werks maßgeblich mitgewirkt. Farschtschian ist ferner Autor der Bücher: »The Secret of Successful Acquisitions: Abandoning the Myth of Board Influence«. »The Reality of M&A Governance: Transforming Board Practice for Success«.

Leseprobe

Good Management - Good Food, Good Life

Der Weltkonzern Nestlé und der Name Helmut Maucher sind untrennbar miteinander verbunden. Denn durch Helmut Maucher wurde Nestlé innerhalb von zwei Jahrzehnten mit atemberaubender Dynamik zum größten Nahrungsmittelkonzern der Welt und gleichzeitig zu einem der wenigen wirklich globalen Unternehmen.

Unter Mauchers Leitung hat sich der Umsatz von Nestlé verdreifacht, der ohne negative Währungseinflüsse noch um ein Vielfaches höher gewesen wäre. Der Aktienkurs ist ex Dividende um mehr als das 15-fache gestiegen. Er hat zukunftsträchtige neue Produktbereiche erschlossen, insgesamt 250 Unternehmen akquiriert und erfolgreich integriert, einige der bis dahin größten Akquisitionen aller Zeiten getätigt und zahlreiche neue Märkte rund um den Globus erschlossen. Weit mehr noch: Nicht nur hat Maucher diese gewaltige Expansion hocherfolgreich gemanagt, es ist ihm dabei auch kein Fehler unterlaufen.

Möglich wurde dies durch die beispielgebende Art des Managements, das Helmut Maucher bei Nestlé einführte. Good Food, Good Life ist das Motto des Unternehmens. Mauchers Good Management hat Nestlé zu dem gemacht, was es heute ist.

Management wird heute weithin falsch und teilweise auch gefährlich missverstanden. Zum Beispiel als das Mittel, reich, berühmt und mächtig zu werden. Dazu gehört auch das Missverständnis, Unternehmen seien in erster Linie Gewinnmaximierungsmaschinen. Wenn man will, kann man sie so missbrauchen. Verantwortungsvoll und zukunftsträchtig verstehen kann man Management und die Wirtschaft damit aber nicht.

Ich selbst sehe Management folgendermaßen: Management ist der Beruf des Funktionierens. Es ist Management, das die gesellschaftlichen Organisationen zum Funktionieren bringt, oder dabei versagt. Daher gehört Management zu den wichtigsten Funktionen einer modernen Gesellschaft. Manager sind die Menschen, die Management als einen Beruf auf den verschiedenen Führungsebenen der Organisationen ausüben.

Daher hängt von der Kompetenz und Qualität von Management fast alles ab, was uns in den modernen Gesellschaften lieb und teuer sein muss, und was diese auch lebenswert macht - vom wirtschaftlichen Wohlstand, dem Bildungs- und Gesundheitsniveau, über Wissenschaft und Forschung, Innovationskraft und Kreativität bis letztlich zur Lebensqualität.

Management ist somit die gesellschaftliche Funktion, die alles andere zum Funktionieren bringt. Es ist auch die Funktion, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Ressourcen in Resultate und in Nutzen für die Gesellschaft transformiert.

Dafür muss Management aber richtig gemacht werden und es muss gut gemacht werden. Vieles, was landläufig als Management bezeichnet wird, erfüllt diese beiden Anforderungen bei Weitem nicht oder nur schlecht. Das Allgemeinverständnis von Management ist ein Minenfeld von Irrtümern und Irrlehren. So konnte es auch zu den heutigen wohlstandsbedrohenden Krisen kommen, die zum wesentlichen Teil durch falsches Management verursacht wurden und werden.

Dieses Buch hat daher den Zweck, anhand des Beispiels von Nestlé und Helmut Mauchers Führungsleistung zu zeigen, was richtiges und gutes, ja exzellentes Management in der Praxis ist und was dieses bewirken kann. Deswegen habe ich Helmut Maucher vorgeschlagen, seine Reden und Schriften geschlossen zu veröffentlichen, diese in den Kontext der großen gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen zu stellen, und so den Führungsgenerationen von heute und morgen als universell gültige Navigationshilfe zu dienen.

Das Buch zeigt die Managementphilosophie und Managementpraxis von Helmut Maucher in seinen Originaltexten, im Rahmen dieser Einführung in den Kontext meiner eigenen Managementlehre gestellt. Es verdeutlicht, warum das Management von Maucher richtig ist und er damit als langjähriger CEO von Nestlé so erfolgreich war.

Damit soll Helmut Mauchers in vielfacher Hinsicht ganz außergewöhnliche Führungsleistung weit über eine bloße Fachleserschaft hinaus sichtbar werden, und es soll darlegen, was ihn als Person in den vielen Jahrzehnten seiner Laufbahn bis an die höchste Spitze von Nestlé von anderen Topmanagern unterschieden hat.

Maucher steht aber nicht nur für eine glanzvolle Führungsleistung in der Vergangenheit, sondern - noch weit wichtiger - auch für eine neue Zukunft des gesellschaftlich verantwortungsvollen, richtigen und guten Managements. Dies ist deshalb von größter Bedeutung, weil Wirtschaft und Gesellschaft inmitten einer der größten Transformationen stehen, die es geschichtlich je gab. Ich nenne sie seit langem die "Große Transformation 21" und meine damit den globalen Wandel des 21. Jahrhunderts. In gewissen Zügen ist sie vergleichbar mit dem Wandel von der Agrar- zur Industriegesellschaft vor rund 200 Jahren, in ihren atemberaubenden Ausmaßen aber weit größer und tiefgreifender.

Es ist nicht übertrieben, diese Transformation als den Übergang in eine zum Teil völlig unbekannte Welt zu verstehen, in der vieles radikal neu und revolutionär sein wird. Die gegenwärtigen Krisen können über bloße Ökonomie hinaus weit besser verstanden werden als die Geburtswehen dieser neuen Welt. Die "Große Transformation 21" stellt die Strukturen aller Gesellschaften und zuvorderst deren Organisationen und ihr Management schon jetzt vor gigantische Herausforderungen.

Über revolutionäre Technologien hinaus ist diesmal richtiges Management, wie es in Mauchers Erfolgen bei Nestlé so eindrucksvoll zu sehen ist, plötzlich der wichtigste Schlüssel für den friedlichen, organischen und humanen Wandel. Die Kraft von richtigem Management wird heute begründet und noch verstärkt durch innovative Change-Management-Tools und ganz neue Methoden für das Meistern der großen Herausforderungen.

Dieses Buch gewährt einen einzigartigen Einblick in das Denken und Arbeiten eines der besten und erfolgreichsten Unternehmensführers, die es je gab. Es zeigt, wie Maucher mit seiner Art der Führung innerhalb von nur zwei Jahrzehnten Nestlé aus einer der damaligen Konkurrenz unterlegenen Position zum größten und erfolgreichsten Nahrungsmittelkonzern der Welt machte. Darüber hinaus sorgte er dafür, dass der Konzern auch nach seinem altersbedingten Rücktritt weiterhin erfolgreich und dynamisch geblieben ist, und seinen Erfolg noch deutlich ausbauen konnte.

Im Jahr 1981 wird Helmut Maucher Delegierter des Verwaltungsrats und übernimmt die Gesamtleitung. Damit steht erstmals ein Nicht-Schweizer an der Spitze des größten Schweizer Unternehmens, ein Novum in mehrfacher Hinsicht, das nur profunde Kenner der Schweiz in seiner ganzen Bedeutung ermessen können. Nestlé stand 1981 bei einem Umsatz von rund 28 Milliarden Schweizer Franken, machte einen Nettogewinn von knapp 1 Milliarde und beschäftigte 146?000 Personen. Ab 1990 ist Maucher zugleich Delegierter und Präsident des Verwaltungsrats bis 1997. Sein Nachfolger als Delegierter wurde 1997 Peter Brabeck-Lethmate mit einem vorzüglichen Topmanagementteam. Bis 2000 ist Helmut Maucher weiterhin Präsident des Verwaltungsrats, wo ihm Rainer E. Gut als langjähriges Mitglied und Vizepräsident des Nestlé-Verwaltungsrats nachfolgt, während Helmut Maucher bis 2006 dessen Ehrenpräsident ist.

Als Helmut Maucher an der Generalversammlung 2000 auch vom VR-Präsidium zurücktritt, beträgt der Umsatz für das Geschäftsjahr 1999 rund 75 Milliarden Schweizer Franken, der Nettogewinn steht bei fast 5 Milliarden und das Unternehmen beschäftigt gut 230?000 Menschen.

Mauchers Nachfolger übernahmen von ihm kraftvoll die Stafette und setzten den Erfolg des Unternehmens fugenlos fort. Im jüngsten Geschäftsjahr 2011 erzielt Nestlé bei einem Umsatz von rund 84 Milliarden Schweizer Franken einen Nettogewinn von fast 10 Milliarden und beschäftigt 328?000 Personen. Das Unternehmen betreibt rund 500 Fabriken in über 80 Ländern und ist mit seinen fast 100 internationalen Marken praktisch in allen Ländern der Welt tätig.

In zweifacher Hinsicht dürfen wir diesen fortdauernden Erfolg zum Teil auch Helmut Maucher selbst zuschreiben: Erstens wurden einige der nötigen Voraussetzungen für den anhaltenden Geschäftserfolg schon früh noch in seiner operativen Aktivzeit geschaffen, insbesondere die strategische Ausweitung des Produktportfolios sowie der geografischen Präsenz. Im Gegensatz zu Managern, die primär die Maximierung ihrer Jahresergebnisse anstreben, hatte Maucher die seltene Größe, auf den Ausweis von kurzfristigen Ergebnissen zu verzichten, um dafür langfristig umso stärker zu werden. Richtschnur war für Maucher dabei die Vorstellung des "gesunden Unternehmens", die weit über kurzfristige, gar nur finanzielle Ergebnisse hinausreicht.

Zweitens waren da seine Nachfolger, insbesondere der neue CEO, Peter Brabeck-Lethmate, seine früheren langjährigen Mitarbeiter und Schüler, die sich unter seiner Leitung über Jahre auf die erfolgreiche Nachfolge vorbereitet hatten. Dabei haben diese sogar die Fähigkeit erlangt, dort noch über ihren Vorgänger hinauszugehen, wo veränderte Umstände und Chancen dies erforderten. Schüler zu haben, die noch besser als der Meister werden, gehört zu den vornehmsten Erfolgen von Leadership.

Geheimnisse in Helmut Mauchers Management

Geheimnisse im engeren Sinne des Wortes gibt es in Mauchers Management zwar nicht, denn er hat über seine Auffassungen, Prinzipien und die Praxis seines Handelns ganz offen und freizügig gesprochen, wie aus seinen in diesem Buch enthaltenen Reden und Schriften zu ersehen ist. Aber es gibt darin vieles, was den meisten Führungskräften so nicht bekannt ist, weil es in ihrer eigenen Ausbildung nicht vorkam, denn in den herkömmlichen Business Schools wurden seit Beginn der 1990er Jahre weitgehend andere, zum Teil auch ausgesprochen falsche Inhalte gelehrt, die oft das Gegenteil von Mauchers Managementprinzipien sind.

Darin liegt eine große Herausforderung für das Um- und Neulernen von Management. Dieses Buch ist dafür eine unschätzbare Hilfe und ein Wegweiser aus dem Labyrinth von Irrtümern über richtiges Management. Einige der Hauptpositionen von Helmut Mauchers Managementverständnis greife ich für das Folgende heraus, weil mir diese für das Meistern der Zukunft besonders wichtig erscheinen.

Unter anderem lässt sich daran gut erkennen, wie früh schon - und auch wie eindrucksvoll - die Denkweise von Helmut Maucher dem entsprach, was wir heute integrierendes, system-kybernetisches Denken nennen. Es ist ein ganzheitliches Denken in mehrdimensionalen Zusammenhängen, das über die einzelnen Unternehmensbereiche und deren Fachgebiete weit hinausgeht und diese erst zu einem funktionierenden Ganzen verbindet.

Für Maucher ist es, wie man sehen wird, ganz normal und selbstverständlich, die Dinge in ihrer Ganzheit und in ihrem Zusammenwirken zu sehen, in ihren inneren und äußeren Vernetzungen, und so auch ihre Komplexität und Dynamik zu erkennen. Im Vergleich zu vielen Top-Führungskräften ist dies eine seiner herausragenden Stärken.

Multiplizieren der obersten Führungsintelligenz

In meinen Managementforschungen entdeckte ich früh die Bedeutung der kybernetischen Steuerungsintelligenz im Sinne der Selbstregulierung und auch deren praktische Verwirklichung durch Prinzipien, die ich als Master Controls bezeichnete.

Diese Master Controls sind funktionell vergleichbar mit Naturgesetzen wie dem genetischen Code in der Biologie, den Gesetzen der Harmonie in der Musik, oder den Prinzipien der Bionik, woraus ich sie unter anderem für die Zwecke von richtigem Management ableitete. So ergaben sich Naturgesetze des Funktionierens, über die ich vielfach publizierte, damit deren Kraft für das Topmanagement nutzbar wird.

Helmut Maucher beherrscht wie nur wenige andere die hohe Kunst der Anwendung dieser kybernetischen Steuerungsintelligenz. Was bedeutet das?

Maucher ist ein Mann der Grundsätze und des ganz langfristigen und großräumigen Denkens. Schon lange bevor der etwas unscharfe Begriff "nachhaltig" erst als Reaktion auf die dominierende Kurzfristigkeit aufgekommen ist, hat er mit durchdachten, klaren Prinzipien geführt - und zwar sich selbst sowie das gesamte Unternehmen. Darin ist Helmut Maucher einer der seltenen Großmeister.

Für Nestlé hat er jene Prinzipien ersonnen, die ein konzernweites Handeln in offenen Zeithorizonten ermöglichten, was weit über bloße Langfristigkeit hinausgeht, die unter den heutigen Komplexitätsbedingungen längst nicht mehr genügt. Damit gab er dem Unternehmen und seinen Menschen Orientierung und Richtung bis in die äußersten Kapillaren der Organisation, die damit selbstständig nach Mauchers eigener Führungsintelligenz handeln konnten.

Wenn Firmen zum Beispiel nicht genügend wachsen, obwohl ihre Märkte dies möglich machen würden, so liegt dies meistens daran, dass ihre Manager nicht gelernt haben, mit Grundsätzen, Prinzipien und Policies zu führen, und deshalb das Wachstum ihrer Firmen vorzeitig und unnötig limitieren.

So verstandene Master Controls ermöglichen das Multiplizieren der Führungsintelligenz der obersten Spitze mit der Anzahl sämtlicher Führungskräfte, die diese in der Organisation anwenden. Dadurch verbreiten sie die Intelligenz der Spitze bis an die äußersten Grenzen der Organisationsreichweite und machen sie dort in ihrem Handeln wirksam. Die intelligentesten Master Controls umfassen vorsorglich auch Regeln für das Abweichen von Regeln, also für das Eingehen von klugen Kompromissen, und sie enthalten selbst Regeln für das Ändern von Regeln.

Einzig solche Grundsätze oder Regeln dieser allgemeinen Art ermöglichen in einem Unternehmen die zuverlässig funktionierende Dezentralität, und somit weitgehende kybernetische Selbstregulierung und Selbstorganisation, die wiederum unverzichtbare Fähigkeiten in komplexen und dynamischen Verhältnissen sind.

Mehr als bloß langfristig

Der Begriff "langfristig" allein genügt also für diese enorme Wirkung bei Weitem nicht. Hier gelingt Helmut Maucher etwas noch viel wichtigeres: Er bringt so das unternehmerische Analogon zum Kategorischen Imperativ von Immanuel Kant, dem großen Philosophen der Ethik, bei Nestlé zur weltweiten Wirkung, denn er prüft seine Entscheidungen an der Leitfrage: Wie muss ich jetzt entscheiden, damit mein Handeln vom Prinzip her auf unbegrenzte Zeit richtig sein kann? Praktisch heißt das: So lange richtig, bis erste Anzeichen für sich grundlegend ändernde Umstände ein Überdenken von Politiken und Strategien nötig machen und unter Umständen auch neue Entscheidungen erfordern.

In der Fassung von Kant lautet der Imperativ: Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte.

Im Kontext der Unternehmensführung heißt das "Konzerngesetz" statt "Naturgesetz". Genau dies ist die Wirkung richtiger Policies.

30 Jahre bevor die allgemeine Ethik-Mode unter anderem aufgrund der Managerbonus-Exzesse ausbricht, und allenthalben versucht wird, Ethik im Nachhinein künstlich aufzupfropfen, gelingt es Maucher so, die richtige Ethik fugenlos in das Konzerngeschehen zu integrieren und sie mit diesem in organischer Harmonie zu verschmelzen.

Immun gegen Moden durch die bessere Governance Logik

Damit enthüllt sich auch ein anderes "Geheimnis" Mauchers. Unter anderem weil er die Kraft solcher Prinzipien nutzte, hatte er gegenüber anderen Unternehmensführern den großen Vorteil, völlig immun zu sein gegen die ständig wechselnden Moden im Management sowie auch gegen die finanzwirtschaftlichen Verlockungen des Zeitgeistes - der in den Boomperioden eher ein Zeit-Ungeist war. Dieser forderte aber in der aktiven Zeit von Mauchers Gesamtführung in fast jeder Dimension das Gegenteil von dem, was er selbst als CEO für richtig hielt. Diesen Versuchungen bot er gerade in den wichtigsten Fragen erfolgreich und souverän die Stirn, wie ich später noch zeige.

Maucher denkt ganz natürlich in großen Zukunftsbögen. Das Wort "Vision" verwendet er dafür allerdings selten, unter anderem weil er keine Konzessionen an die Sprachwolken machen will, die mit den Hypes des Börsenbooms aufkamen.

Die großen Bögen wiederum zeigen sich in seinem umfassenden Verständnis für die ganzheitlichen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Zusammenhänge - und vor allem auch für die gesamtgesellschaftliche Verantwortung eines Unternehmens. Folgen dessen sind seine weitreichenden unternehmenspolitischen und strategischen Entscheidungen, die er ganzheitlich sieht und in denen er deswegen immer die gesamten Dimensionen einer Herausforderung berücksichtigen kann.

Dies wiederum stand konträr zur neoliberalen Doktrin des Shareholder Values, die Maucher gelegentlich ironisch auch als Share-Fetischismus bezeichnete. Denn dass Konzerne primär Gewinnerzielungsmaschinen für die Aktionäre seien, entsprach nicht Mauchers Verständnis eines funktionierenden Unternehmens. Vielmehr verstand er das Funktionieren des Unternehmens konsequent vom Markt und vom Kunden her.

Damit konnte er zwei der ehernen Fixpunkte fest im Auge behalten, die eine richtige Corporate Governance überhaupt ermöglichen. Die Gründe dafür stehen in meinen Büchern, wo ich sie als die "Polarsterne" der Führungsnavigation bezeichne. Dies sind die Zwillinge "Customer Value" und "Konkurrenzfähigkeit", die einzigen nicht manipulierbaren Orientierungsgrößen in der Wirtschaft. Im Gegensatz dazu entsprechen "Shareholder Value" und "Wertsteigerung" bildlich gesprochen gewissermaßen den ständig wechselnden "Planetenpositionen". Sie sind den Launen der Börsen unterworfen und ihrem weitgehenden Unverständnis für die realwirtschaftliche Führungslogik. Daher sind sie auch leicht manipulierbar, wie die Skandalfälle um Enron, Worldcom und viele andere beweisen.

Richtige Führung anhand der "Fixsterne" Customer Value und Konkurrenzfähigkeit zielt zuallererst auf das Schaffen der Wirtschaftsleistung und erst als dessen Folge auf deren Verteilung - dann selbstverständlich auch an die Aktionäre. Gerade weil Maucher genau dieses Verständnis des Wirtschaftens hatte, machte Nestlé unter seiner Leitung die noch weit größeren Gewinne und schuf mehr Shareholder Value, als jene CEOs, die sich allzu häufig liebedienerisch dem Diktat des Shareholder Values und seiner Apostel direkt unterwarfen.

Auf diesen Grundlagen praktizierte Maucher, wie ich später noch zeige, eine beispielgebend gut funktionierende Corporate Governance, die den damals aufkommenden Corporate-Governance-Codes weit voraus und überlegen war.

Profunde Sachkenntnisse des Geschäftes

Als letztes der "Geheimnisse" von Mauchers Erfolg greife ich etwas heraus, worüber in Managementbüchern kaum je zu lesen ist, und das - weil unverstanden - häufig mit Bauchgefühl und Intuition ersetzt wird.

Dieses "Geheimnis" sind seine exquisiten, geradezu perfekten Sachkenntnisse über das eigentliche Geschäft von Nestlé. Maucher kannte Nestlé in- und auswendig, so profund, wie kaum ein anderer. Mit diesem Geschäft war er aufgewachsen und groß geworden und hatte selbst vieles bis in die Details hinein mitgestaltet. Daher wusste er bestens Bescheid über die zahllosen Dinge, die ein Geschäft ausmachen - über Produkte, Märkte, Endverbraucher, Marken, Marketing, Werbung und Verpackung, auch über Rohstoffe, Qualität, Preise, Kosten und Herstellverfahren, über den Handel, Lieferanten und Banken, über Finanzen, Risiken, Börse und Aktionäre, über die Medien, lokale und internationale Politik - und zuvorderst über die Menschen.

Intime Sachkenntnisse des Geschäfts machen exzellentes Management überhaupt erst möglich. Selbst noch so gute Manager können nicht ohne Weiteres jedes beliebige Unternehmen führen, wie man so häufig annimmt - ganz zu schweigen von anderen Organisationsarten. Sinngemäß kann man sagen: Um Pferde richtig zu führen, muss man sehr viel von Pferden verstehen.

Daher sollte man auch dem erfolgreichsten Stahlmanager nicht die Führung einer Bank aufbürden, und andererseits tun sich auch hervorragende Bankenmanager mit dem Verstehen von produzierenden Unternehmen eher schwer.

Die frühe Einsicht in solche Tatsachen machte es mir möglich, in meine eigene Managementlehre gerade jene Elemente richtigen und guten Managements aufzunehmen, die unabhängig vom Organisationstyp universell nötig sind. Erst dadurch wurde es mir auch möglich, Management zu einem Beruf mit seiner eigenen Handwerklichkeit zu machen, mit seinen typischen allgemeingültigen Grundsätzen, Aufgaben und Werkzeugen, der deswegen in höherem Grade erlernbar ist, als die meisten heute noch glauben. Nachdem es auch noch gelungen war, diese Ergebnisse in leicht zu erlernende Modelle für richtiges Management zu fassen, konnten neue und zum Teil revolutionär wirksame Formen der fortgeschrittenen Management- , Leadership- und Governance-Education entwickelt werden.

Je besser man gerade als CEO das Geschäft versteht, desto besser kann man seine Managementfähigkeiten ausspielen und in Kundennutzen und Konkurrenzvorteile umwandeln. Man versteht die Dinge schneller und besser als andere. Man braucht keine langen Analysen, man erfasst Zusammenhänge oft mit einem einzigen Blick, wo andere erst lange Berichte studieren müssen, und man kann daher - gewissermaßen aus der Hüfte schießend - blitzschnell, treffsicher und richtig entscheiden und handeln. Was Laien oft vorschnell als Bauchgefühl und Intuition verstehen, hat seine Quelle weit öfter in gründlichen Geschäftskenntnissen.

Ohne Beherrschung von professionellem Management stößt man besonders in komplexen Geschäften schnell an Grenzen; ohne Kenntnis des Geschäftes jedoch hat es sich bald ausgemanagt. Daher braucht es beides, in flexibler Balance, die je nach Lage rasch und unvorhersehbar ändern kann.

Seine immense Sachkenntnis synergetisch kombiniert mit hervorragenden Managementfähigkeiten waren maßgebliche Gründe, weswegen Helmut Maucher ein so kraftvoller, in wesentlichen Punkten auch genialer CEO war, und darüber hinaus auch ein Unternehmer im besten Sinne.

Wider den Mainstream, und deshalb erfolgreicher

Für dieses Buch ist wichtig, dass Helmut Maucher seinen so außergewöhnlichen unternehmerischen Erfolg auf eine Weise erzielte, die dem seit Beginn der 1990er Jahre und bis heute vorherrschenden Managementverständnis in fast allen wichtigen Punkten beinahe diametral entgegengesetzt ist. Heute wird nun durch Finanz-, Schulden- und Wirtschaftskrise immer deutlicher, wie gigantisch die Fehlsteuerungen durch den Mainstream waren.

Ab der Hälfte der Aktivzeit Mauchers begann in Managementlehre und Managementpraxis mit Wucht eine Periode der größten Irrtümer und Irrlehren, die es geschichtlich je gab. Ab etwa 1992 begannen Realwirtschaft und Finanzwirtschaft auseinanderzudriften, zuerst unmerklich, dann immer stärker, bis daraus buchstäblich zwei verschiedene Welten wurden.

Die fixen Größen der unternehmerischen Navigation wurden verdrängt durch rein finanzwirtschaftliche, kurzfristig orientierte Kenngrößen. Entscheidungen wurden immer stärker an den Börsenbewegungen und den Bewertungen der Finanzanalysten ausgerichtet, statt an Kundennutzen und Konkurrenzfähigkeit. Die Meinungen der Finanzmedien zählten mehr als die Kaufentscheidungen der Kunden. Shareholder Value wurde wichtiger als Technologie-Innovation und Real-Investition. Die Maximierung der Eigenkapitalrendite wurde höher gewertet als gesunde Finanzierung und Liquiditätsreserven. Die Beachtung von sozialverträglichen Vorgehensweisen bei großen Restrukturierungen und von sozialer Verantwortung wurde häufig arrogant als "romantische oder linke Spinnereien" abgetan.

Es begann die systematische Fehlallokation von finanziellen und gesellschaftlichen Ressourcen von der Realwirtschaft in das Finanzsystem. Kapital floss bis zum 100-fachen geleveragt in die Finanzmärkte, und die besten Köpfe gingen in die Wallstreet-Industrien, statt in Unternehmen mit Fabriken.

Seinen einzigartigen Erfolg hat Helmut Maucher also mit gerade der grundlegend gegenteiligen Art von Management geschaffen, als es für Generationen von Studenten an Universitäten und besonders an den zahlreichen Business Schools gelehrt wurde. Ein guter Teil dieser Business Administration ist direkt kausal für die Entstehung der heutigen Finanzkrise, für die steigende Arbeitslosigkeit insbesondere bei Jugendlichen und für die sich verschärfenden sozialen Spannungen. Die Verstärkermechanismen der einschlägigen Consulting-Industrien, darunter auch Corporate Governance Consulting, Executive Search und Executive Compensation, haben die Irrtümer tausendfach verstärkt und dadurch in der Wirtschaft wirksam gemacht. Bis heute wurde deren Verantwortung noch nicht einmal thematisiert.

Mit der breiten Anwendung von Mauchers Führungswissen hätte hingegen eine Finanz-, Schulden- und Sozialkrise vom heutigen Typ gar nicht entstehen können. Im Gegenteil hätten wir dann bis ins Mark hinein gesunde Unternehmen und somit auch eine gesunde, starke Real- und auch Finanzwirtschaft.

In dieser gesellschaftlich vielleicht bedrohlichsten Lage seit den 1920er Jahren mit ihrer noch überhaupt nicht richtig wahrgenommenen Deflationsgefahr, ist das Beispiel Helmut Mauchers eine große Hoffnung, denn es geht über exzellentes Management noch hinaus. In dieser Dimension steht Maucher für echte Leadership im besten Wortsinn, die weit über die Wirtschaft hinaus beispielgebend für andere Gesellschaftsbereiche ist.

Deshalb ist dieses Buch auch außerhalb der Wirtschaft wichtig. Für die obersten Entscheidungsebenen in den zahlreichen öffentlichen Organisationen, in der Politik und ebenso in der breiten Öffentlichkeit wird es viele Missverständnisse über das Wirtschaften und Managen aufklären und beseitigen. Bonusexzesse, Großbankrotte, Banken- und Börsenskandale und insgesamt die Krisen im Finanzsystem wären bei richtigem Management nicht entstanden.

Durch dieses Buch wird überzeugend sichtbar, dass die Wirtschaft nicht pauschal den vielen medialen Klischees entspricht, sondern dass es hervorragend funktionierende Unternehmen gibt, darunter auch internationale Konzerne wie Nestlé, die es verstehen, sowohl geschäftlich erfolgreich zu agieren, als auch ihre sozialen und ökologischen Verantwortungen zu erfüllen, ja dort sogar beispielgebend initiativ sind. Dadurch können weit aufgerissene Gräben zwischen Wirtschaft und Bevölkerung überbrückt und teilweise wieder zugeschüttet werden.

Inhalt

InhaltGeleitwort von Farsam Farschtschian 9Teil 1Einführung von Fredmund MalikGood Management - Good Food, Good Life 13Geheimnisse in Helmut Mauchers Management 18Wider den Mainstream, und deshalb erfolgreicher 24Begegnungen 26Dynamik und Wachstum durch erfolgreiche Akquisition 28CEO, Verwaltungsrat und richtige Governance 30Menschen und Unternehmenskultur 34Ungewöhnlich auch in der Arbeitsweise 37Keine großen Worte, aber große Unterscheidungen 38Menschenverstand, Pragmatismus, Weisheit 39Teil 2Aus Helmut Mauchers Reden, Schriften und InterviewsUnternehmenspolitik, Unternehmensführung undOrganisationspolitik 45Auf schmalem Grat 45Von der Kunst, ein Unternehmen zu führen 47"Ich habe keine Sehnsucht nach einfachen Lösungen.Aber ich sehe viele Dinge einfacher.

Schlagzeile

Zwei herausragende Größen des Managements

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