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Ein Bernhardiner namens Möpschen

Erinnerungen an eine glückliche Kindheit in der Mark Brandenburg, Piper Taschenbuch 30320

Erschienen am 17.09.2013
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783492303200
Sprache: Deutsch
Umfang: 208 S.
Format (T/L/B): 1.8 x 19 x 12 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Ein wenig nostalgisch, aber immer wunderbar humorvoll erinnert sich Isle Gräfin von Bredow an die großen und kleinen Begebenheiten Ihrer Kindheit in der Mark Brandenburg. Die oft skurrilen Onkel und Tanten, die originellen Dorfbewohner, die vielen Haustiere, Geschwister, Spielkameraden, Kinderfrauen und Hauslehrerinnen lassen die Welt aus dem wohl beliebtesten Buch der Autorin, 'Kartoffeln mit Stippe.', zu neuem Leben erwachen.

Autorenportrait

Ilse Gräfin von Bredow wurde 1922 in Teichenau/Schlesien geboren. Sie wuchs im Forsthaus von Lochow in der märkischen Heide auf und besuchte später ein Internat. Während des Krieges war sie im Arbeitsdienst und musste Kriegshilfsdienst leisten. Seit Anfang der Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts lebte Gräfin Bredow als Journalistin und Schriftstellerin in Hamburg und veröffentlichte zahlreiche erfolgreiche Bücher. Ilse Gräfin von Bredow verstarb im April 2014 in Hamburg.

Leseprobe

Kleines Tagebuch für große Gedanken Irgendwann fasst wohl jeder einmal den Entschluss: Von nun an will ich die wichtigsten Ereignisse meines Lebens schriftlich festhalten. Für eine Zeitlang wenigstens fühlt man sich eins mit großen Dichtern und Staatsmännern, die einst ihre wohlgeordneten, geistvollen Gedanken einer ehrfürchtig staunenden Nachwelt hinterließen. Doch meist scheitern alle guten Vorsätze bereits nach der ersten oder zweiten Seite des Tagebuchs. Mein erstes Tagebuch war ein Notizkalender unserer Kohlenhandlung und enthielt fast ausschließlich in fehlerhaftem Deutsch wiedergegebene Injurien wie: 'Willi ist blöd.' Oder: 'Annelise Lohse macht sich in die Hose.' Meine Schwester dagegen, die mehr Sinn fürs Hübsche besaß, ließ sich zum Geburtstag ein ledergebundenes, mit einem Schloss versehenes Buch schenken. Sie kritzelte eifrig darin herum, trug den winzigen Schlüssel fortan um ihren Hals und machte ein furchtbares Trara darum, wenn sie ihn beim Waschen ablegen sollte. Es kostete mich wenig Mühe, herauszufinden, wo sie ihr Tagebuch aufzubewahren pflegte. Voller Neugier öffnete ich ohne Schwierigkeiten mit Hilfe einer Haarnadel das Schloss. Ich war tief enttäuscht. Es enthielt lediglich eine Aufstellung sämtlicher Filme, die sie mit den Eltern gesehen hatte. Ort, Stunde der Vorstellung und Namen der Schauspieler. Auch die niedergeschriebenen Gedanken meiner unverheirateten, bereits etwas ältlichen Tante schwebten nicht gerade in höheren Sphären. Dass ich sie trotzdem während eines Ferienaufenthaltes bei ihr täglich sehr aufmerksam las, hatte seine triftigen Gründe. Stand da beispielsweise: 'Heute von Robert geträumt', so winkte mir ein herrlicher Tag ohne jedes Verbot. Bei dem lapidaren Hinweis: 'Kopfschmerzen!' war Unerfreuliches zu erwarten. Selbst mein Großvater, von dem das Gerücht ging, er habe sogar Goethe gelesen, begnügte sich bei seinem Tagebuch mit detaillierten Schilderungen jagdlicher Vorkommnisse und der erstaunten Anmerkung: 'Adele schon wieder nach Berlin ins Theater gefahren.' (Wobei 'schon wieder' einmal im Jahr bedeutete.) Großmutter war übrigens die einzige, die bereits nach einem Tag schon die Konsequenzen aus ihrer Einfallslosigkeit zog und das Tagebuch für immer beiseite legte, denn der einzige Satz, den sie niedergeschrieben hatte, lautete: 'Bei Kaufmann Werner ist die Stärke um einen Pfennig teurer.'     Wie schön war's doch am Havelsee Der See lag so nah, dass man im Winter das Eis seufzen und knacken hörte, und so weit, wenn man in der Sommerhitze den schmalen Wiesenpfad zum Ufer hinunter trabte. Im Frühjahr überschwemmte er die Wiese hinter dem Gutshaus. Dann kamen die Hechte zum Laichen die Gräben entlanggeschwommen. Die Wiese war der beste Wetterprophet: Jedes Mal, wenn sie gemäht wurde, begann eine Regenperiode, so hoch die Schwalben auch flogen. Der Rhin mündet in den See und den Großen Graben, auf dessen schmaler Brücke stets die Pferde scheuten, weil die Bohlen so dröhnten. Auf dem verwitterten Warnschild daneben war nur noch die Unterschrift zu lesen: 'Der Luchgrabenschaudirektor.' Der See gehörte zum Dorf wie der Flieder entlang der Gartenzäune, die Sandlöcher der Hühner auf der Straße, der über den Höfen kreisende Habicht, die Hornissen hinter Lamprechts Holzschuppen und wie Erna Hagemann. Von einem Tag auf den anderen verschlug es ihr die Sprache. Warum, wusste niemand. Schweigend wanderte sie durchs Dorf, blickte stumm in jedes Fenster und saß vor sich hinstarrend auf der Bank vor dem Haus. Keiner konnte ihr helfen, die alte Krusen nicht, die sie beim Mondschein schon dreimal bebötet hatte, und schon gar nicht der junge Doktor, der anstatt von den Wechseljahren vom Klimakterium sprach, ein geheimnisvolles Wort, das die Schwere der Krankheit deutlich machte. Erst 'so einer' aus der Stadt, die mit ihrem Freund am See zeltete, gelang es, den Bann zu brechen. Am Sonntagmorgen kam sie, nur mit einer Turnhose aus schwarzem Satin und einem Büstenhalter bekleidet, ins Dorf