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Die Welt ist blau

Ein Sommer-Roman aus Ascona

Erschienen am 01.03.2010
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442740345
Sprache: Deutsch
Umfang: 192 S., 14 s/w Illustr.
Format (T/L/B): 1.5 x 18.6 x 12 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Eine Wiederentdeckung voll klugem Witz Ascona im Sommer 1933: Eine junge Frau und ihr Geliebter verbringen die Sommerfrische in dem „beglückenden Nest“ am Lago Maggiore. Unbeschwert Urlaub wollten sie machen, die Sonne genießen, die Seele baumeln lassen, doch nach und nach wird ihre Reise zu einem emotionalen Abenteuer, mit dem sie nicht gerechnet hatten. Denn inmitten einer bunten Schar von Lebenskünstlern geraten die beiden – jeder auf seine Weise – in Versuchung …

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Leseprobe

Am Bahnhof steht ein Mädchen und wartet; wartet schon lange; macht ja nichts, am Bahnhof fängt alles Schöne an, eigentlich sollte er Glückshof heißen.? Oder? Nein, heute nicht weiter denken, heute nur freuen. Brav wie ein Hündchen steht ein schwarzer Koffer neben diesem Mädchen Ursula Eisenlohr; er soll sich auch freuen, er darf mit! Gleich wird Peter kommen mit dem Silbergrauen, und dann geht es los, irgendwohin ins Blaue, irgendwohin. Die Welt ist überall schön. Die Freude auf das Kommende gibt dem wartenden Mädchen einen fast unerschöpflichen Reichtum an Geduld, ja einen Reichtum an allen guten Gefühlen. Sie schaut nach der Uhr, sie schaut über die Menschen, die sich im Lärm des ersten Juliferientages drängeln, sie hört die Zeitungsrufer, die Autohupen, sie spürt die Asphalthitze und lächelt. Heute ist alles gut, heute ist alles schön. Dann beschattet sie mit der linken Hand das Auge, um besser Ausschau halten zu können. Kommt er denn nicht dahinten, kommt er denn nicht endlich, dieser Peter; dieser unpünktliche Junge. Sie hat doch auch punkt zwölf alles an den Nagel gehängt, die Geflügelfarm, die Pflicht und die Vergangenheit, den Vater und was damit zusammenhängt. Peter natürlich läßt sich wieder vom Beruf tyrannisieren. Um zwölf Uhr geht der Zug, hat sie sich vorgesagt und war pünktlich gewesen. In Wahrheit geht gar kein Zug, sie wollen nichts wissen von Fahrplänen und fremden Menschen, der Bahnhof dient diesmal gar nicht seiner ursprünglichen Bestimmung; er dient seiner nachträglichen Großzügigkeit, ein Ort zu sein, an dem man sich mittags um zwölf ungestört den Begrüßungskuß geben kann. Wenn Ursula so steht, mit der Hand über den grünen Augen, den tanzenden Sonnenflecken auf dem hellen Mantel, und dem kräftigen Willen ihrer zwanzig Jahre, gleicht sie jenen Plakaten der Reisebüros, die in Blau und Ockergelb ausrufen: 'Auf in den sonnigen Süden!' Aber sie ist alles andere als ein fertiges Plakat oder ein festgefügter Begriff. Sie fühlt selbst, wie sehr sie gerade jetzt im Werden ist; ja, diese Reise mit Peter Mack und dem Silbergrauen muß ihr helfen, Antwort zu finden auf ein paar Fragen, die ihr das Leben stellt. Deshalb soll diese Reise auch mehr sein als eine sommerliche Freude, mehr als der Inhalt von Vorfreude - Erfüllung - und Erinnerung, sie soll Einsicht bringen und Entscheidung. Aber vorher sollte sie doch endlich Peter bringen. Wo steckt er denn so lange, dieser Junge? Dieser Junge, der Rechtsanwalt Peter Mack, arbeitet währenddessen auf seinem Bureau. Es ist wie immer am letzten Tag eine tolle Hetze. Fräulein Kleine kommt noch einmal mit dem Stenogrammblock. 'Was ist denn schon wieder los, zum Kuckuck? Habt Ihr noch nicht kapiert, daß ich fort muß?' 'Die Adresse, Herr Doktor. Wir haben ja noch keine Anweisung für die Post.' Wieder denkt der Mann an das Mädchen Ursula. Die Adresse steht bei Ursula; sie wird immer noch warten, die Arme. Ob sie wohl sehr ungeduldig geworden ist? Wenn sie ihn nur ein einziges Mal in seiner Arbeit hier auf dem Bureau sehen könnte, jetzt gerade zum Beispiel, in diesen letzten Hetzminuten. Sie sollte in irgend einer Ecke sitzen und ihm still zuschauen. Man würde sich dann in vielem besser verstehen. 'Ja so, die Adresse! Ich weiß noch keine, ich schreibe. Hast du noch etwas, Busse? Nein? Dann vertragt euch schön, ihr beiden; behandelt meine Klienten gut, schimpft nicht so viel über den Chef. Rufe nachher meine Eltern an, Busse, sage ihnen einen schönen Gruß, es hätte mir beim besten Willen nicht mehr gereicht. Ich muß jetzt fort; addio Busse, adieu Fräulein Kleine. Paßt gut auf!' Zu ist die Türe; herunter die Treppe, rein ins Auto, das ihm blitzblank entgegenstrahlt, und los. Eine herrliche Hetze! Hetze und Freude ist gar nicht wie Äpfel und Birnen, die sich nicht zusammenzählen lassen. Man muß nur den gemeinsamen Nenner finden. Der Nenner ist die Liebe, denkt der Mann, der sich hupend einen Weg bahnt durch die hastende Menge. Alles rennt und dürstet. Dort drüben