Beschreibung
Der neue Kriminalroman von Bestsellerautorin Andrea Maria Schenkel München, Ende der 1930er Jahre: Süß und sehnsüchtig ist der Traum vom Glück in der großen Stadt - auch Kathie träumt ihn und entflieht der Enge des dörflichen Lebens. Manch eine ist hier schon unter die Räder gekommen, aber sie wird es schon schaffen. Oder? Dunkelhaarig, kräftig und hübsch ist sie, wie die Frauen, die seit einiger Zeit in München und Umgebung spurlos verschwinden .
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Hersteller:
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Autorenportrait
Andrea Maria Schenkel, 1962 geboren, gilt als eine der renommiertesten Kriminalautorinnen Deutschlands. 2006 erschien ihr Debüt 'Tannöd', mit dem sie großes Aufsehen erregte. Der Roman wurde 2007 mit dem Deutschen Krimi-Preis, dem Friedrich-Glauser-Preis und der Corine ausgezeichnet. 2008 folgte der renommierte Martin Beck Award für den besten internationalen Kriminalroman. Das Buch wurde in bislang 20 Sprachen übersetzt und fürs Kino verfilmt. Auch für ihr zweites Buch 'Kalteis' bekam sie begeisterte Kritiken und erhielt 2008 erneut den Deutschen Krimi-Preis. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Regensburg.
Leseprobe
Aktennotiz zum Abschluss des Verfahrens Josef Kalteis Geheime Reichssache Eine Begnadigung des Verurteilten ist abzulehnen. Die Vollstreckung des Urteils ohne Verzug ist im Gefängnis Stadelheim durchzuführen. Eine öffentliche Bekanntmachung ist unerwünscht. Erläuterung: Zahlreiche Verbrechen dieser Art wurden seit Beginn der 30er Jahre aktenkundig. Solche Taten konnten nur auf dem maroden Nährboden der Weimarer Republik gedeihen. Die Demokratie, ein Krebsgeschwür, eine Brutstätte asozialer Elemente. Aber dass diese Taten selbst nach der Machtergreifung nicht abnahmen und unsere treuen Volksgenossen weiter beunruhigen und verunsichern, können wir nicht hinnehmen. Die deutsche Volksgemeinschaft ist gesund und soll auch weiterhin gesund bleiben. Volksschädlinge wie dieser sind deshalb aus ihr zu entfernen. Es kann nicht geduldet werden, dass jenes asoziale Element jahrelang den Münchner Westen heimsuchen konnte und München, die Wiege der Bewegung, die Stadt, die unserem geliebten Führer so sehr am Herzen liegt, besudelt. Da es sich bei dem Täter um einen Volksdeutschen, einen Arier, zudem noch Mitglied der NSDAP, handelt, sind eine umgehende Vollstreckung des Urteils und absolutes Stillschweigen erforderlich. Von Mitteilungen in Volksdeutschen Presseorganen sowie dem Völkischen Beobachter ist abzusehen. Alle Berichte sowohl mündlicher als auch schriftlicher Art unterliegen aus diesem Grunde der Geheimhaltung. Es ist jeder Schaden, der dem Ansehen der Partei und der nationalsozialistischen Bewegung entstehen könnte, zu vermeiden. Das eingereichte Gnadengesuch wird abgewiesen. Eine Sicherheitsverwahrung und Umerziehung im KL Dachau ist abzulehnen. Heil Hitler! München, den 29. Oktober 1939 gez. Er sitzt da. Auf der Pritsche, den Kopf in die Hände gestützt. Die Augen geschlossen, offen? Er weiß es nicht. Der Raum in fahles Licht getaucht, das vom Hof her durch das kleine, vergitterte Fenster hereinfällt. Er sitzt da, stundenlang sitzt er schon da. In immer der gleichen Haltung, die Hände gefaltet wie zum Gebet, das Gesicht zur Hälfte darin verborgen, die Ellbogen auf die Oberschenkel gestützt, bewegungslos. Die Zeit schwindet dahin. Es kommt ihm vor, als rinne sie durch seine Finger, an seinen Armen entlang, über die Beine hinab zum Boden. Ständig. Unaufhörlich. Und doch kann er sich trotz dieser Langsamkeit an nichts erinnern. Nicht an den Tag, die Nacht, die Stunde, die Minute. Alles verschwimmt in diesem fahlen Licht, diesem endlosen Grau, als hätte auch er sich aufgelöst, als wäre sein Leben bereits verronnen. Nichts, nichts ist geblieben, ein endloser Raum aus Nichts, nur Leere. Selbst die Angst ist aus seinem Kopf, aus seinem Körper entwichen. Die Angst, die gestern noch greifbar war. Die langsam seinen Rücken entlang hoch bis in seinen Kopf kroch, Zentimeter für Zentimeter. Die seinen Körper, ihn ganz gefangen hielt. Tief in ihm lauernd, lähmte sie seine Gedanken und ergriff von jeder einzelnen Zelle seines Körpers, von seinem ganzen Ich Besitz. Selbst sie war im Laufe der Nacht dieser Leere gewichen. Hatte nicht standhalten können, sich nicht durchsetzen können gegen das Nichts, das ihn nun erfüllt, ausfüllt. Irgendwann in dieser Nacht öffnet jemand die Klappe der Zellentür. Er, das Geräusch hörend, wendet den Kopf nicht. Warum auch? Es bedeutet nichts mehr. Nichts bedeutet mehr etwas. Nichts. Als um sechs Uhr das Licht in der Zelle wieder angeschaltet wird, bemerkt er es nicht, um ihn herum ist das fahle, graue Licht der Nacht geblieben. Den Kopf weiter in die Hände gestützt, bleibt er auf seiner Pritsche sitzen. Mit dem Nichts, mit der Leere, die schlimmer ist als die Angst. So sitzt er auch noch da, als gegen zehn vor sieben die beiden Männer die Zelle betreten. Sie sprechen mit ihm, als sie hereinkommen, aber was sie auch sagen, er versteht es nicht. Worte dringen nicht mehr durch diese Leere, durch dieses Nichts hindurch, das ihn umgibt. Ihn einhüllt, ihn fest im Griff hat. Er reagiert erst,