Beschreibung
In einer Hafenstadt am Atlantik steht die Zeit still. Ein Attentat in einer Schule steht bevor, doch der Informant, der als Einziger wusste, was genau geplant ist und wo, ist aufgeflogen und wird von Kugeln durchsiebt, bevor er seinen Kontaktmann beim Geheimdienst informieren kann. Dieser wird seinerseits von einem Streifenpolizisten erschossen, der ihn für einen islamistischen Attentäter hält. Die Atmosphäre in der vom rechtsextremen Patriotischen Block regierten Stadt ist zum Zerreißen gespannt, alle bringen sich in Stellung. Dass die Typen, die das große Ding vorbereiten, über die ganze Stadt verteilt sind und sich in Lagerhäusern und Kellern verschanzen, macht es nicht einfacher. Um zu verstehen, hätte diese ganze Sache mehr so aussehen müssen, wie man es gewohnt ist. Aber wer kann schon ahnen, dass alles in der Hand eines jungen Mädchens liegt, einer Schülerin, die zu allem bereit ist, damit das Leben noch einen Sinn hat?
Autorenportrait
Jérôme Leroy, geboren 1964 in Rouen, ist Autor, Literaturkritiker und Herausgeber. Er hat zahlreiche Kriminalromane veröffentlicht. Auf Deutsch erschienen bisher 'Der Block' (2017), 'Die Verdunkelten' (2018), 'Der Schutzengel' (2020), 'Terminus Leipzig' (2022), ein Gemeinschaftswerk mit Max Annas, sowie 'Die letzten Tage der Raubtiere' (2023). 'Der Block' wurde mit dem Deutschen Krimipreis 2018 in der Kategorie International (3. Platz) ausgezeichnet. Jérôme Leroy lebt in Lille.
Leseprobe
Der Grund dafür, dass Capitaine Mokrane Méguelati vom Regionalbüro des Inlandsgeheimdienstes an jenem Abend ein Treffen mit einem Spitzel hatte, ist sicher ebenfalls in den fernen geopolitischen Wirren zu suchen, aber vor allem in der Art und Weise, wie diese im Allgemeinen zu uns importiert wurden und im Besonderen in diese große Hafenstadt im Westen des Landes. Jeder hat so seine eigene kleine Idee zu dem Wie und Warum. Capitaine Mokrane Méguelati hat auch so seine kleine Idee zu diesem Thema - selbst wenn man ihn nur selten nach seiner kleinen Idee fragt, was erstaunlich ist, da Capitaine Mokrane Méguelati schließlich arabischer Abstimmung ist und Muslim (nicht praktizierend, klar, aber doch Muslim) - und nicht zuletzt in vorderster Front dessen, was man gemeinhin als Terrorismusabwehr bezeichnet. Nein, man fragt ihn nie nach seiner Meinung, denkt er, während er am Fuße des Saint-François-Hügels seinen Privatwagen parkt, einen Volvo S 40 mit Kinderspielzeug auf dem Rücksitz und einer Fatima-Hand am Rückspiegel. Man zieht ihn nie zurate, aber indirekt zieht man ihn nach jedem Attentat zur Verantwortung. Nicht seine Kollegen vom Inlandsgeheimdienst, aber so einige der Zombies von Journalisten oder Politikern, die den Ton angeben und sich lautstark darüber empören, dass die französischen Muslime nicht massenhaft auf die Straße gehen, um das Blutbad der Islamisten zu verurteilen. Dabei, ihr verdammten Vollidioten, denkt Mokrane Méguelati, während er prüft, ob seine Glock 41, Kaliber.45 ACP, geladen ist, haben die französischen Muslime, wenn sie nicht selbst unter den Todesopfern sind, gar keine Zeit zu demonstrieren: Sie sind unter den Verletzten, unter dem Pflegepersonal, das sich um die Verletzten kümmert, unter den Lehrern, die am nächsten Tag versuchen, den Kids, die vor ihnen sitzen, zu erklären, was passiert ist, unter den Putzfrauen, die anschließend das Blut aufwischen, unter den Kosmetikerinnen, die dafür sorgen, dass ihr eure übernächtigten Gesichter einer Kamera präsentieren könnt, um auf den Infokanälen euren üblichen Sermon zu erzählen. Und sie sind sogar unter den Bullen, die Terroristen jagen, und dabei immer wieder ihr Leben lassen. Das erklärt zum Beispiel, warum Mokrane Méguelati jetzt gerade mit seinem Spitzel Abdul Slimane in einem zwielichtigen Bistro verabredet ist, in dem sie sich normalerweise nicht treffen. Es liegt in einer versteckten Ecke in dem Labyrinth aus kleinen Straßen und den Überresten der Vauban-Befestigungsanlage auf dem Südhang der Cité 800, beim Saint-François-Hügel, falls Sie wissen, wo das ist. Capitaine Mokrane Méguelati gefiel der Ton nicht, in dem Abdul Slimane mit ihm sprach, als er ihn gegen 23:30 Uhr anrief, da klang Panik durch.
Schlagzeile
In einer von Rechtsextremen regierten Stadt prallen die Gewalt in der Banlieue, islamistischer Terror, Polizeigewalt und linksradikale Gewalt aufeinander - meisterhaft hält Jérôme Leroy bis zum explosiven Höhepunkt alle Fäden zusammen