Beschreibung
Alle drei Tage wird in Deutschland eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet - doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Barbara Peveling schreibt auch über all die Formen häuslicher Gewalt, die darunter liegen, die eng verbunden sind mit traditionellen Geschlechterrollen, ökonomischer Ungleichheit und dem Haus als intimer Arena der Dominanz. Dabei spricht sie als Betroffene: Sie hat als Kind zwischen ihren Eltern und als Erwachsene in ihren Beziehungen Gewalt erlebt. Sie zeigt auf, dass die Strukturen der Dominanz allen schaden, auch Männern wie ihrem Vater, der als Täter die Gewalt letztlich gegen sich selbst richtete. Ein aufrüttelnder Essay über die Zyklen der Gewalt, über Schweigen und Scham, Gegenwehr und Hoffnung.
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Autorenportrait
Barbara Peveling, geboren 1974 in Siegen, ist promovierte Ethnologin, Autorin und Journalistin. Mit Nikola Richter gab sie 2021 die Flugschrift 'Kinderkriegen. Reproduktion reloaded' heraus. Sie lebt bei Paris und in Köln.
Leseprobe
Welchen Schmerz wollte ich überdecken, der so tief saß, dass ich lange die Gewalt im Haus akzeptierte? Dass ich im Haus blieb, in Eltern- oder Teilzeit ging, obwohl ich lieber arbeiten wollte? Jede Sucht beginnt mit einem Bedürfnis, das gestillt werden will. Zum Beispiel dem Bedürfnis, eine Rolle zu füllen und den mit ihr verbundenen Erwartungen zu entsprechen, beispielsweise eine gute Mutter, eine liebende Partnerin zu sein. Um dieser Rolle zu entsprechen, werden Kompromisse gemacht, es werden Zustände hingenommen oder Verhältnisse eingegangen, bei denen das Unwohlsein weggedrückt wird. Und so beginnt der Tanz, der codependency dance des Narzissmus, und man tanzt, obwohl die Schuhe drücken, obwohl das Blut herausläuft, denn man möchte doch so gerne die Prinzessin sein. Und alle haben gedacht, ich sei glücklich, ich sei zufrieden, weil ich das so gerne sein wollte, glücklich und zufrieden. Also habe ich es vorgespielt. Und auch das Spiel wird zur Sucht. Es schmerzt zu wissen, dass es nur ein Spiel ist. Dass die Partnerschaft nicht glücklich ist, schlimmer noch, dass ich sogar Angst davor habe, mit meinem Partner alleine zu sein. Dass ich mich bemühe, Konflikte aus dem Weg zu räumen, damit die Spannung nicht eskaliert. Dass ich die Luft anhalte, wenn wir in ein Restaurant essen gehen, aus Sorge, das Fleisch auf seinem Teller könnte kalt serviert werden und ich dann seine Wut abbekommen.