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In der französischen Fremdenlegion

Erlebnisse in der französischen Fremdenlegion 1894-1898

Erschienen am 24.07.2017
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783943288292
Sprache: Deutsch
Umfang: 156 S., 6 Illustr., Originalseiten Tagebuch
Format (T/L/B): 1.3 x 21 x 14.8 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Karl Waldners Aufzeichnungen aus der Fremdenlegion - eine Einführung von Dr. Eckard Michels Der badische Maurer Karl Waldner hat detaillierte und aufschlussreiche Aufzeichnungen über seine Zeit als Fremdenlegionär von 1894 bis 1898 in Frankreich, Algerien und Vietnam hinterlassen. Sie liegen nun, mehr als ein Jahrhundert nach ihrer Niederschrift, erstmals als Buch vor. Waldner war einer von mehr als 100 000 Deutschen, die im 19. und vor allem im 20. Jahrhundert in der berühmt-berüchtigten französischen Fremdenlegion gedient haben. [.] Der Hauptteil von Waldners Aufzeichnungen beschreibt seinen Einsatz im nördlichen Vietnam in den Jahren 1895 bis 1897, dessen Bewohner er in zeitgenössischer Manier als Annamiten bezeichnet. Der Name ist vom Königreich Annam abgeleitet, das bis zur Ankunft der Franzosen einen Großteil des Landes kontrolliert hatte und China tributpflichtig gewesen war. Bereits zwischen 1883 und 1887 war die förmliche Integration Vietnams in das französische Kolonialreich erfolgt. Das Land wurde nun in die drei Provinzen Cochinchina im Süden, Annam in der Mitte und Tonkin im Norden aufgeteilt. Es galt als Tor zu China. Frankreich wollte nicht gegenüber dem kolonialen Erzrivalen Großbritannien zurückstehen, dessen Einfluss im Reich der Mitte immer stärker wurde. Der Widerstand in Tonkin durch die so genannten "Pavillons Noirs" ("Schwarzflaggen") oder "Piraten" gegen die französische Durchdringung des Landes hielt jedoch noch bis zur Jahrhundertwende an, begünstigt durch das verkehrstechnisch nicht erschlossene, bergige Gelände und die dichte Vegetation. [.]

Autorenportrait

Verfasser des Standardwerks "Deutsche in der Fremdenlegion 1870-1965".

Leseprobe

[.] So sind wir endlich nach 16-stündiger Fahrt in "Phu Long Thuong" angekommen. Es ist dies ein starker Militärposten, besetzt mit Marineinfanterie und dem Depot des 1. Fremdenregiments. Das Dorf selbst spottet aller Beschreibung. Die Hütten sind meistens auf Pfähle gebaut, weil hier alles ein Sumpf ist, und nur wo das Militär liegt, da ist durch Gräben etwas abgeholfen, so daß man wenigstens in [MS 126] Bambusbaracken wohnen kann. Wir kamen in die Baracke der passagers und mußten uns zu beiden Längsseiten auf dem Boden niederlassen, wo wir uns, da wir einige Tage hierblieben, um uns mit Waffen, Munition und Lebensmitteln auszurüsten, häuslich einrichteten, indem wir dürres Gras, Blätter und Schilfrohr und alles Mögliche zusammentrugen, um uns einigermaßen eine angenehme Lagerstätte zu bereiten. Allein, das Gras und Stroh wimmelte von Ungeziefer aller Art. Hauptsächlich wurden wir des Nachts, wo es etwas kühler wurde und wir angenehm auszuruhen gedachten, von den unzähligen [MS 127] Mosquitos so gequält, daß an nur eine Minute Schlaf nicht zu denken war. Fortwährend mußte man rauchen, und dennoch sahen etliche des andern Tages aus, als ob man sie aufgeblasen hätte, so waren Hände und Gesicht von den Stichen angeschwollen. Dazwischen wurde man durch das entfernte Gebrüll des Tigers, der in dieser Gegend sehr zahlreich ist, mehrmals aufgeschreckt. So verging diese Nacht, und am Morgen war ich müder als abends, da ich mich hingelegt hatte. [.] Nach einstündiger Ruhe wurde der Marsch wieder aufgenommen. Wir wurden während des Marsches mehrmals aufgehalten, teils um mit dem rup-rup in dem Dickicht den Weg zu bahnen, teils um eine Büffelherde zu verjagen, welche sich uns auf dem Weitermarsche entgegenstellte, womit jedoch die eingeborenen Schützen meisterlich umgingen, indem sie einen Bambus [MS 148] von 1 Meter Länge abhieben und mit dem rup-rup darauf klopften, was einen tiefen Schall erzeugte, worauf die Tiere gewöhnlich zur Seite trotteten. Bei Sonnenuntergang wurde wieder haltgemacht. Die Kulis mit dem Gepäck marschierten auf und wurden gezählt. Hierauf wurde abgekocht und Hütten gebaut in der zuvor beschriebenen Weise. Ich war auf Nachtwache kommandiert mit einem tirailleur und hatte von 10 bis 12 Uhr auf Posten zu gehen, welcher sich am Rande des Waldes befand, jedoch so, daß ich im Rücken die Bagage und die Hütten hatte und vor mir den Urwald, aus welchem mir das Gebrüll des Tigers und das Miauen des Jaguars [sic] entgegenschallten. Zu sehen bekam ich jedoch diese Nacht keinen. Aber [MS 149] durch die Masse von Leuchtkäfern wurde ich ganz geblendet, und ich erinnerte mich sogleich an den Weihnachtsbaum in der deutschen Heimat, so glänzten die Riesenbäume und Gräser in tausend und abertausend Lichtern. Meine Sinne waren so gefesselt, daß ich sah und meinte immer noch mehr zu sehen, und ich hörte auf jedes Geräusch und glaubte immer noch mehr zu hören. Nun wollte ich mich auch überzeugen, ob mein annamitischer Kamerad vom 4. Reg. Tiraill. Annamit. auch seine Pflicht tat und ich mich im Fall der Not auch auf ihn verlassen konnte. Er stand an einen Baum gelehnt 10 bis 12 Schritte von mir. Ich konnte seine Umrisse genau unterscheiden. Ich schlich mich Schritt für Schritt zu ihm hin. Er bewegte sich nicht. [MS 150] Ich nahm die Mündung seines Gewehres in die Hand und weckte ihn in etwas derber Weise, denn er hatte sich auf das Gewehr gestützt und sich sorglos dem Schlummer hingegeben, unbekümmert um alles andre, und in der Tat, ich habe schon Eingeborene angetroffen, ruhig liegen bleibend und weiterschlafend, nachdem der Tiger den Nebenmann geholt hatte. Man kann sich auch in keinem Falle auf die eingeborenen Truppen verlassen, schon einesteils, weil es nur Patronenverschwender sind und unter 100 Schuss ein Treffer ist, indem sie nämlich die Augen zumachen beim Zielen. Als ich abgelöst wurde um 12 Uhr, wollte ich mich etwas dem Schlafe hingeben. Es war trotz der angenehmen Kühle absolut nicht [MS 151] möglich vor den