Beschreibung
'Ich war letzten Endes noch immer allein: ein Mönch in einer Lederjacke.' 'Eines Tages würde sich ein deutscher Mr. Kane in irgendeiner deutschen Kneipe am Tresen dazu veranlasst sehen zu sagen: Murnau? Ich finde ihn unausstehlich, aber wir brauchen ihn nun einmal.' Davon träumt der junge Murnau Ende der 60er Jahre in Berlin: Unverzichtbar zu sein in dieser Zeit. Der schöne Vogel Phönix, Jochen Schimmangs literarisches Debüt und sein Eintritt in die Literaturszene 1979, ist endlich neu aufgelegt: Ein Roman, der das Leben seines jungen Helden Murnau im Alter von fünfzehn bis dreißig Jahren erzählt. Er berichtet von der 'ostfriesischen Schülerboheme' und von Berlin in den frühen 70er Jahren; von Liebesgeschichten, von vielen Umzügen und einigen Reisen, von Geschichten, die nur im Kopf, und solchen, die wirklich passiert sind. Die Spätphase der antiautoritären Bewegung, Studium, Kaderarbeit für eine K-Gruppe und der Bruch mit dieser Gruppe, Schwierigkeiten beim Übergang ins Berufsleben - über ein Jahrzehnt hinweg erzählt dieses Buch eine individuelle Geschichte, die gleichzeitig eine kollektive ist. 'Überleben ist schwieriger geworden', sagt Murnau am Ende des Romans.
Autorenportrait
Jochen Schimmang, geboren 1948, studierte Politische Wissenschaften und Philosophie an der FU Berlin und lehrte an Universitäten und in der Erwachsenenbildung. Er ist freier Schriftsteller und Übersetzer und lebt in Oldenburg. 2010 erhielt er für seinen Roman »Das Beste, was wir hatten« den Rheingau Literatur Preis und 2012 den Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar für »Neue Mitte« sowie die Künstlerstipendien der Villa Concordia in Bamberg und des Künstlerhauses Edenkoben. 2017 erschien sein Roman »Altes Zollhaus, Staatsgrenze West« und 2019 der Erzählungenband »Adorno wohnt hier nicht mehr«. 2019 wurde Jochen Schimmang mit dem Walter Kempowski Preis für biografische Literatur des Landes Niedersachsen ausgezeichnet, 2021 erhält er den Italo-Svevo-Preis.
Leseprobe
Ich war auch nach der Operation noch ein schwieriger Fall. So lag ich in einem Dämmerzustand, fähig, dann und wann Nachrichten aufzunehmen, aber unfähig, sie wirklich zu begreifen. Ich hatte nur das deutliche Bewusstsein, dass in Frankreich sehr wichtige Dinge vor sich gingen, und dass ich mir zum absolut falschen Zeitpunkt die Mandeln hatte herausnehmen lassen. Während andere, wieder andere Genossen als meine unbekannten Genossen aus Berlin und Frankfurt, in Paris kämpften, ließ ich in Rostrup meine störrische Wunde pflegen.