Beschreibung
Anton de Koms Buch wurde 1934 zum ersten Mal in Amsterdam veröffentlicht, dann zensiert, dann verboten. 1980 wurde es wiederentdeckt und 2020 in der holländischen Originalfassung veröffentlicht - und zum Bestseller. Das ist angesichts seiner politischen Aktualität nicht verwunderlich, es ist nicht nur eine Biographie, es ist eine Anklage gegen Rassismus, Ausbeutung und koloniale Unterdrückung - und deshalb so aktuell. De Kom, Nachkomme surinamesischer Sklaven, Journalist und politischer Aktivist, von der holländischen Kolonialmacht verfolgt, ausgewiesen, inhaftiert und nach Protesten wieder frei, war einer der Ersten aus den europäischen Kolonien in Amerika, der in einem eindrücklichen und spannenden Manifest gegen den Kolonialgeist, gegen die brutale Unterdrückung und Versklavung, gegen die Überheblichkeit und Arroganz der weißen Eroberer protestierte. Er erzählt, wie Suriname (Nordostküste Südamerikas) erobert wurde, wie das 'Eldorado' mithilfe von Sklaven ausgeplündert, die Eingeborenen vertrieben und teilweise durch 'importierte' Sklaven aus Indonesien und Afrika ersetzt wurden. Und er entwirft das Bild einer internationalen menschlichen Gemeinschaft, die von Gleichheit, Toleranz und Solidarität geprägt ist. Dieser Haltung blieb er trotz aller Verfolgungen treu. Während des Zweiten Weltkriegs schloss er sich dem holländischen Widerstand gegen die Nazi-Besatzung an, wurde von der Gestapo verhaftet und nach Deutschland deportiert, wo er im April 1945 im Konzentrationslager Neuengamme (bei Hamburg) starb.
Autorenportrait
Anton de KOm, 1898 in Suriname geboren, arbeitete als kaufmännischer Angestellter, wurde wegen seiner politischen Aktivitäten nach Holland verbannt, arbeitete dort als Journalist und politischer Aktivist in antikolonialistischen Vereinen. Er starb April 1945 im KZ Neuengamme. Sein Buch »Wir Sklaven von Suriname« erregte in Holland großes Aufsehen, wurde 1936 auf Deutsch in einem Exilverlag in der Sowjetunion veröffentlicht, aber dann wieder eingestampft. Diese deutsche Ausgabe ist die erste, die dem unzensierten Original folgt. Vor- und Nachworte gehen auf seine Biographie, die Wirkungsgeschichte des Buches und dessen aktuelle Bedeutung (»Black lives matter«) ein.
Leseprobe
Auf dem endlosen tiefblauen Ozean fährt eine Fregatte, herrlich die edle Pracht ihrer Masten und Stangen, dem wölbenden Weiße ihrer vom Wind geblähten Segel. Wir gönnen euch den Seewind in den Haaren und das Lied der Matrosen, die auf dem Mast das Bramsegel reffen. Und doch möchten wir euch warnen. Setzt keinen Fuß auf die Strickleitern, die zum Achterdeck führen. Hier oben hört ihr den Schrei der Albatrosse und das Meeresrauschen. Unten aber das Gejammer der Sklaven und die Peitsche, die auf die Rücken der Schwarzen niedersaust. Die Räume unter Deck werden euch nicht gefallen, diese dreckigen Brutstätten von Unrat und Ungeziefer, in denen alle zusammengepfercht in Ketten liegen. Auch ihr werdet etwas von der Hoffnungslosigkeit und dem Kummer der Schwarzen empfinden, von ihrem Zuhause verschleppt, weit weg von ihren Verwandten, im krankmachenden Schaukeln des Wellengangs und bei schlechter Ernährung, voller Angst vor ihrer unbekannten Zukunft. Es ist sogar vorgekommen, dass auf einem Schiff alle Sklaven einen Aufstand gewagt haben. Wir wissen, dass es so war, 1751 auf der 'Middelburgs Welvaren'. Zwei oder drei Tage, nachdem das Schiff die afrikanische Küste mit dem Ziel Guyana verlassen hatte, lehnten sich die Sklaven gegen die bestialische Behandlung durch die Weißen auf. Ohne Waffen versuchten sie gegen die schwer bewaffnete Schiffsmannschaft zu rebellieren. Wir wissen, dass von zweihundertsechzig Sklaven nur dreißig am Leben geblieben sind, während von der weißen Besatzung 'zum Glück kein einziger Mann verloren ging'.