Beschreibung
Die alten Gebräuche und Götter werfen lange Schatten bis in die Gegenwart. Noch wird in dem Dorf nichts mit Geld bezahlt. Ein Tauschhandel aus Materialien, Naturalien und Arbeit regelt den internen Verkehr. Man grüßt sich nicht, redet aber sofort miteinander, wenn auch nicht im Dialog. Handlungen und Wahrnehmungen scheinen kein Subjekt zu haben. Jeder hat Teil an einem kollektiven, mythisch-mahischen Wissen. Péter Nádas gibt uns in "Behutsame Ortsbestimmung" einen verstörenden Einblick in eine uns fremde, geradezu archaische anmutende Dorfgemeinschaft im Westen Ungarns. Der Autor erinnert sich noch an die Zeit, als die Nachbarn unter dem riesigen Wildbirnenbaum auf seinem Hof leise singend an der großen Dorfgeschichte spannen. In "Der eigene Tod" gelingt dem Autor das fast Unmögliche: dem eigenen Sterben Sprache zu geben. Er schildert, wie er, 51jährig, auf offener Straße einen Herzinfarkt erlitt. Nüchtern hält er fest, wie er die den Infarkt ankündigenden Symptome verdrängt, beschreibt satirisch die Krankenhausgroteske um ihn herum und protokolliert beklemmend den klinischen Tod selbst, in dem er zwar das "Alltagsbewußtsein", nicht aber das Bewußtsein verlor. Und aus dem er ins Leben zurückgeholt wurde mit einer nur mystisch zu nennenden Erfahrung: dass Licht für Gott noch "die glaubwürdigste Metapher" sei.
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Autorenportrait
Péter Nádas, Erzähler, Dramatiker, Essayist und Fotograf wurde 1942 in Budapest geboren. Seine berufliche Laufbahn begann er 1961 als Fotoreporter für das Frauenmagazin "Nök Lapja". Nach zweijährigem Militärdienst arbeitete er dann ab 1965 als Journalist bei der Tageszeitung "Pest Megyei Hirlap", kam jedoch immer stärker in Konflikt mit den Leitlinien der offiziellen Berichterstattung, bis er 1968 die journalistische Arbeit aufgab und sich als freier Schriftsteller aufs Land zurückzog. Da er bis 1977 auf Grund der Zensur keinen Verlag für seine Werke fand, arbeitete er neben der schriftstellerischen Tätigkeit noch für verschiedene Zeitschriften. Auf Einladung des DAAD lebte Péter Nádas 1981 ein Jahr in Deutschland. Für seinen Roman "Buch der Erinnerung" (1986, dt.1991) wurde er u.a. mit dem Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur (1991), dem französischen Prix du Meilleur Livre Étranger und dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung (1995) ausgezeichnet. Péter Nádas lebt in Gombosszeg und Budapest.
Schlagzeile
Dieser Band vereinigt zwei sensible Zeugnisse aus extremen Grenzsituationen: In "Behutsame Ortsbestimmung" erkundet Péter Nádas die archaischen Strukturen seines Dorfes Gombosszeg, und in "Der eigene Tod" protokolliert er eindringlich, wie er nach einem Herzinfarkt den "Nahtod" erlebte.