Beschreibung
Nur vereinzelt und ausschnittweise wurden Grass Texte bislang unter dem Aspekt der Gestaltung und Verarbeitung von Schamempfindungen untersucht. Vor dem Hintergrund des in jüngster Zeit sprunghaft wachsenden Interesses an dem literarischen Umgang mit Emotionen macht die vorliegende Arbeit die Scham nun zum Dreh- und Angelpunkt ausführlicher und systematischer Überlegungen, die sich nicht nur auf Werkanalysen, sondern auch auf die Person des Autors und auf die Ebene der zeitgenössischen Rezeption richten: Gerade weil der Affekt der Scham, der im Gefühl der Schwäche und der Bloßstellung vor den ,unbarmherzigen Augen der Mitmenschen wurzelt, niemals endgültig ,abgearbeitet und aufgehoben werden kann, gilt er hier als unerschöpfliche Antriebskraft des Grassschen Schreibens, als ein in unterschiedlichen Gestalten wiederkehrendes Kernthema seiner Bücher und nicht zuletzt als Quelle der heftigen Kontroversen, die sie seit jeher unter Kritikern und Lesern sowie in der medialen Öffentlichkeit hervorgerufen haben. Bezugspunkte und Anlässe dieser Schamgefühle sind in erster Linie der Nationalsozialismus und der Holocaust. Die Interpretation von Grass Veröffentlichungen in ihrer chronologischen Abfolge wird zu einer Kulturgeschichte der Scham und ihrer literarischen Verarbeitung seit den ausgehenden fünfziger Jahren.
Autorenportrait
Jennifer Zimmermann studierte Germanistik und Romanistik in Mannheim und Paris. Mit der vorliegenden Arbeit wurde sie 2015 an der Universität Mannheim promoviert.