Beschreibung
Eine mutige junge Frau löst das Rätsel um die verschwundenen Baupläne des Kölner Doms Seit 1560 ruht die Baustelle, doch nun, an der Schwelle zum 19. Jahrhundert, soll der Dom zu Köln vollendet werden. Die Baupläne der Zwillingstürme sind jedoch verschollen, und nach dem Willen mächtiger Männer soll dies auch so bleiben. Aber Antonia, deren Leben mit den alten Zeichnungen eng verwoben ist, überlebt mit Mut, Klugheit und Energie die Wirren der napoleonischen Zeit und entdeckt dabei nicht nur die Baupläne des Doms, sondern findet auch die Liebe ihres Lebens. Antonia wächst als Junge verkleidet in der chaotischen Zeit der napoleonischen Kriege auf. Erst mit dem Tod ihrer Ziehmutter in der Schlacht von Jena erfährt sie ihre wahre Herkunft. Auf der Suche nach ihrer leiblichen Mutter zieht sie nach Köln. David, ein junger Leutnant, dem sie das Leben gerettet hat, gibt ihr den entscheidenden Hinweis. Sie findet ein neues Heim im Haus des Domherrn Hermann von Waldegg und begegnet hier dem ehemaligen Kettensträfling Cornelius, der sanften Bürgerstochter Susanne und der intriganten Gesellschaftsdame Charlotte. Während Antonia zur eigenwilligen jungen Dame der Gesellschaft heranreift, drängt es sie, die Geschichte der Mutter und das Schicksal ihres Vaters zu erfahren - nicht ahnend, wie eng beide mit den verschollenen Plänen der Westfront des Kölner Doms verknüpft sind. Unwissentlich gerät Antonia in einen Strudel aus Korruption, Verrat und Intrige. Und an einen mächtigen Feind - Jakobiner und Stadtmagistrat Kay Friedrich Kormann, dem der Dom als Symbol des finsteren Mittelalters gilt und dessen Fertigstellung er mit allen Mitteln verhindern will. Notfalls auch mit einem Mord.
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»Schon wieder Wasserspeier«, maulte Johannes und sah seinen Vater, den Dombaumeister Arnold, trotzig an. »Wasserspeier und Laubfriese und Laubfriese und Wasserspeier. Sie wiederholen sich ständig. Das muss man doch nicht in jeder Einzelheit zeichnen?« Meister Arnold, ein behäbiger Mann in einem abgewetzten Lederwams, dem man den ständigen Aufenthalt auf der Baustelle ansah, erklärte seinem Sohn geduldig: »Nein, wir Bauleute brauchen nur eine Werkzeichnung, mein Junge. Wir wissen ja, nach welchem Prinzip das große Werk errichtet wird. Aber dieser Plan«, er wies auf die vielen zusammengehefteten Pergamente hin, die auf dem Tisch in der Dombauhütte ausgebreitet lagen, »dient ja nicht den Baumeistern und Maurern zur Hilfe, sondern soll den geringeren Geistern einen Eindruck vermitteln, wie gewaltig einst die Kathedrale wirken wird. Sie, die von den Gesetzen der Harmonie, die der Geometria innewohnen, nichts verstehen, benötigen einen Gesamteindruck der Fassade und der beiden Türme.« Er stach den Zirkel in das Pergament, um die Grundlinie für einen Vierpass im Maßwerk eines Fensters zu ziehen. Sein Sohn gab ein belustigtes Schnauben von sich. Despektierliche Äußerungen bekam er häufiger von dem Dombaumeister zu hören. »So haltet Ihr die Domherren für geringe Geister, Herr Vater?« »An Erkenntnis wohl, nicht an Geschäftstüchtigkeit. Das Domkapitel will etwas zum Vorzeigen haben, wenn sie um Spenden für den Bau bitten. Wir, Johannes, wollen den Dom bauen. Also widmest du dich weiter Wasserspeiern und Laubfriesen.« »Aber wenigstens eine der beiden Kreuzblumen lasst Ihr mich zeichnen, Herr Vater. Bitte!« »Na gut, eine der Kreuzblumen! Aber bedenke, mein Junge, der Bau ist ein Werk, das über viele Generationen hinweg erst vollendet wird. Wir beide werden es nicht mehr erleben, dass sie ihren Platz auf dem Turmhelm finden.« Wie lange es wirklich dauern würde, ahnten weder Meister Arnold noch sein Sohn, der später sein Nachfolger werden sollte. Der Fassadenriss der beiden Türme aber diente immer wieder genau dem Zweck, zu dem er so sorgfältig auf dauerhaftes Pergament gezeichnet wurde. Allerdings gab es eine Zeit, da verschwand dieser wunderbare Plan aus der Geschichte. Erst ein geradezu unwahrscheinlicher Zufall brachte ihn zum rechten Zeitpunkt wieder ans Licht und ließ ihn in die richtigen Hände gelangen. Pulverdampf Wenn meine Mutter hexen könnt', Da müßt' sie mit dem Regiment, Nach Frankreich, überall mit hin, Und wär' die Marketenderin. Volkslied Antonias erste Eindrücke von der Welt bestanden aus Wärme, dem Geruch von Kohlsuppe, dem Geschmack von Honigmilch, den weichen Strichen einer Bürste, mit der ihre blonden Locken entwirrt wurden, dem leisen, liebevollen Summen ihrer Mutter, wenn sie an ihrem Bettchen saß, und dem rauen, polternden Lachen ihres Vaters, der sie oft genug fröhlich durch die Luft schwenkte. Sie war ein glückliches Kind, und einzig ihre beiden älteren Brüder bereiteten ihr gelegentlich Verdruss. Nicht weil sie hässlich zu ihr gewesen wären, sondern weil sie noch nicht an ihren aufregenden Spielen teilnehmen konnte. Noch waren ihre Beine zu kurz, um mit ihnen im Paradeschritt mitzuhalten, wenn sie mit ihren Holzgewehren auf und ab marschierten oder sich wilde Gefechte mit den anderen Gassenbuben lieferten. Zum Trost nahm die Mutter sie an schönen Sommertagen mit auf den Markt, wo sie hinter dem Stand in einem Laufställchen spielen, von den süßen Beeren naschen oder gar an einem Orangeschnitz lutschen durfte. Sie liebte die Geschäftigkeit, das Feilschen und gutmütige Schimpfen, die streunenden Hunde, den Werber mit seiner Trommel, der den jungen Männern eine ruhmvolle Soldatenkarriere versprach, die kichernden Wäschermädchen mit ihren schweren Körben, die Pferdefuhrwerke, die vorbeirumpelten. Weniger liebte sie die hübschen Kleidchen, in die ihre Mutter sie steckte, und die bunten Schleifen in ihrem Haar, oder wenn die anderen Frauen sie ein niedliches Püppchen nannten und ihr ü Leseprobe