Beschreibung
Was für eine Familie! Jeder der Mendozas sucht etwas: Mama die Schönheit, Papa Südamerika, der Bruder die Perfektion, die Tante einen Verlobten und die Tochter die Erlösung in den brutalen Armen eines verheirateten Mannes.
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Autorenportrait
Milena Agus wurde als Kind sardischer Eltern in Genua geboren und lebt heute in Cagliari. Dort unterrichtet sie Italienisch und Geschichte. Vor ihrem ersten Roman »Mentre dorme il pescecane « veröffentlichte sie Kurzgeschichten.
Leseprobe
1. Die Familie Sevilla Mendoza In Wirklichkeit sind wir gar nicht die Familie Sevilla Mendoza. Wir sind Sarden seit der Jungsteinzeit, da bin ich sicher. Mein Vater nennt uns so, weil das dort drüben in Lateinamerika die beiden gebräuchlichsten Nachnamen sind. Er ist weit herumgekommen, und Amerika ist sein Traum, aber nicht der reiche, begünstigte Norden, sondern das arme, unglückliche Südamerika. Als junger Mann hat er gesagt, er würde wieder dorthin fahren, entweder allein oder mit seiner Ehefrau, die dann seine Ideale teilen und mit ihm das Abenteuer wagen könnte, die Welt zu retten. Mama hat er nie gebeten, ihn zu begleiten. Er ist schon überall gewesen, wo Hilfe gebraucht wurde. Aber nie mit ihr, sie hat zu viel Angst vor Gefahren und fühlt sich immer schwach. Bei uns zu Hause sucht jeder etwas: Mama die Schönheit, Papa Südamerika, mein Bruder die Perfektion und die Tante einen Verlobten. Ich schreibe Geschichten. Wenn die Welt hier mir nicht gefällt, versetze ich mich in meine eigene, und es geht mir prächtig. In der Welt hier gibt es viele Dinge, die mir nicht gefallen. Ja, ich würde sogar sagen, ich finde sie häßlich, und meine ist mir entschieden lieber. In meiner Welt hier gibt es auch einen Mann, der schon eine Ehefrau hat. uf keinen Fall darf ich vergessen, was er gesagt hat. 'Schwöre, daß du keine Liebesbeziehung zu mir willst.' Und ich: 'Ich schwöre.' 'Unsere Beziehung wird fleischlich sein, nicht pflanzlich.' 'Eine fleischliche Beziehung.' 'Wie zwei Hunde, die mit dem Schwanz wedeln, wenn sie sich begegnen und sich gegenseitig das Hinterteil beschnüffeln.' 'Findest du mich schön?' frage ich. 'Die Schönste hier.' 'Aber hier bin doch nur ich.' 'Na und?' 'Bitte sag mir, ob du mich schön findest.' 'Du hast den tollsten Arsch der Welt.' Aber meine Vorstellung von der Liebe kann nicht nur aus dem Arsch bestehen. 'Mein Gesicht, gefällt dir mein Gesicht?' 'Was kümmert mich das Gesicht bei so einem Arsch. Im übrigen: wenn es etwas gibt, was mir auf den Sack geht, dann ist das, Komplimente auf Bestellung zu machen.' Also höre ich auf, denn ich will es nicht so machen wie Mama. Großmutter erzählt, daß Mama schon immer ein bißchen nervtötend war. Als kleines Mädchen verabschiedete sie sich vor dem Zubettgehen mit einem Kuß und einem Gutenachtgruß von den Eltern. Die waren manchmal müde und antworteten zerstreut: Gute Nacht.' 'Ich will einen schönen Gutenachtgruß!' flehte das Mädchen. 'Gute Nacht', wiederholten sie leicht verärgert. 'So nicht, so nicht! Das ist noch schlimmer als vorher! ' Sie jammerte und weinte, bis die erschöpften Großeltern ihr ordentlich eins hinter die Ohren gaben. Erst dann, erst wenn es keinen Ausweg mehr gab, schlief sie ein. Sie steht im Morgengrauen auf und geht mit einem Eimer Chlorwasser und einem Besen auf die Terrasse, um die 'Kackhäufchen' der Tauben wegzuwischen. Aber auch zu den Tauben ist sie freundlich. Sie fordert sie auf, wegzufliegen, indem sie an den Seiten eine Barriere aus stacheligen roten und weißen Pflanzen errichtet, farblich abgestimmt auf die Fliesen der Terrasse. Oder sie hängt Plastiktüten an die Wäscheleinen, die mit ihrem Knistern die Tauben erschrecken sollen. Auch alle anderen Blumen sind rot und weiß: der Jasmin, die Rosen, die Tulpen, die Freesien, die Dahlien. Farben sind selbst beim Wäscheaufhängen wichtig für sie. Aber ich glaube, hier geht es nicht um Schönheit. Für die Unterwäsche von uns Kindern, zum Beispiel, benutzt sie immer grüne Klammern: die Hoffnung. Für die Laken von ihrem und Papas Bett die roten: Leidenschaft. Ich habe bemerkt, daß sie die gelben, Verzweiflung, meidet. Wenn sie welche in der Packung findet, läßt sie sie verschwinden. Mama hat nicht nur Angst vor gelben Wäscheklammern, sondern vor der ganzen Welt. Selten schaut sie einen Film bis zum Ende an, meist rennt sie erschrocken aus dem Kino, bei der ersten etwas härteren oder einfach nur realistischen Szene. Sie hat auch Angst vor den Sternen,
Schlagzeile
Ein glutvoller Familienroman wie ein Tango pendelnd zwischen Heiterkeit und Melancholie