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Autorenportrait
Michael Klöpper, Dr. med., Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalytiker, ist in eigener Praxis in Hamburg tätig. Er ist Dozent, seit über 20 Jahren Supervisor von postgraduierten Psychotherapeuten und Lehranalytiker (DGPT) an der Akademie für Psychoanalyse und Psychotherapie Hamburg (APH), war deren 1. Vorsitzender und Mitglied des wissenschaftlichen Leitungsteams der Psychotherapiewoche Langeoog.
Leseprobe
Einleitung Mit diesem Buch verfolge ich das Ziel, tiefenpsychologischen Psychotherapeuten ein Konzept der Themenzentrierung der psychotherapeutischen Arbeit vorzustellen, das auf neuen Theorien der jüngeren Vergangenheit basiert. Dieses Konzept gestattet dem Therapeuten, die unbewusste Thematik seines Patienten zu erfassen und ihn in einem Prozess der Nachreifung des Selbst zu begleiten, um ihm so zu ermöglichen, dass er neue Lösungswege für seinen unbewussten Grundkonflikt oder seine strukturelle Störung findet. Darauf wird die therapeutische Arbeit zentriert. In den vergangenen 15 Jahren ist aus verschiedenen Wissenschaftszweigen eine Reihe neuer Erkenntnisse über die Entwicklung des Kindes veröffentlicht worden, die einerseits ein differenzierteres Verständnis der Reifungsprozesse des Selbst ermöglicht und die andererseits erlaubt, die Diagnostik und Behandlung der tiefenpsychologischen Psychotherapie sicherer zu handhaben. Es ist mir ein Anliegen, den Leser an dem Verständnis teilhaben zu lassen, wie das neue Wissen in die Theorie und Praxis der Psychotherapie integriert werden kann. Während meiner Darstellung folge ich stets der Frage, welche Theorien der Therapeut in seinen Reflektionen benötigt, wenn er versucht, die unbewussten Hintergründe für das Erleben seines Patienten metapsychologisch zu verstehen. Ich möchte zeigen, welch große Bedeutung die neuen Befunde gerade auch für die tiefenpsychologische Psychotherapie haben. Wir befi nden uns in einer Zeit des Wandels der Theorie in der Psychotherapie und Psychoanalyse. Wenn Psychotherapeuten in solchen Zeiten neue Konzepte in ihre Arbeit integrieren, ergeben sich Kontroversen, die ab und zu bis zum Streit gehen können. Im vergangenen Jahrzehnt geschah dies häufiger, denn seit Anfang der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts sind wir mit Entdeckungen der Entwicklungspsychologie konfrontiert, die manch Altes infragestellen. Das macht neugierig und fordert heraus, sich mit dem Wandel zu befassen. Deshalb wende ich mich mit diesem Buch vor allem an Psychotherapeuten und Psychoanalytiker, die Interesse daran haben, sich mit dem Einfluss des Neuen auf die niederfrequente Psychotherapie zu befassen. Aber auch Seelsorger, Berater im psychosozialen Bereich und interessierte Laien, die sich mit dem aktuellen Stand der Diskussion in den zeitgenössischen Publikationen der Psychoanalyse und Psychotherapie vertraut machen wollen, dürften das Buch mit Gewinn lesen. Ich möchte meine Leser in die Grundgedanken neuer Erkenntnisse und Forschungsergebnisse der Säuglingsforschung, der Bindungstheorie, der Entwicklungspsychologie und der strukturbezogenen Psychotherapie einführen und aufzeigen, wie davon in der tiefenpsychologischen Psychotherapie gewinnbringend Gebrauch gemacht werden kann. Die hier dargestellten Befunde haben bislang noch recht wenig Eingang in die Alltagspraxis der Psychotherapie gefunden. Hier soll der Schwerpunkt dieses Buches liegen, in der täglichen klinischen Praxis. Dazu skizziere ich die neuen Befunde in Kürze und zeige an Fallbeispielen, wie sie für die praktische Arbeit in Klinik und Praxis relevant sind. Diese Darstellung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll nur die Grundlagen schaffen, wie sie zum Verständnis des Patienten und der Modifikation der klinischen Praxis notwendig sind. Der Leser wird zunächst mitgenommen in die Grundgedanken, denen er im Verlauf der Lektüre immer wieder begegnen wird. Dabei wird sozusagen der rote Faden gesponnen, welcher ihm zur Orientierung dienen soll, wenn er im Gestrüpp der Details, der Theorien und verschiedenen Denkansätze den Zusammenhang verlieren sollte. Diese Gefahr ist bei dem vorliegenden Thema durchaus gegeben. Denn der Leser wird in ein Gefüge von miteinander verknüpften Theorien und Konzepten geführt, die untereinander ähnlich zusammenhängen wie verschiedene Subsysteme in einem komplexen System. Dies sollte aber weder verwundern noch verwirren, denn es ist hier ja die Rede von der menschlichen Psyche, ihrer Reifung, ihrer Entgleisung in Pathologien und deren Behandlung. Und von ihr, der Psyche, sowie von dem ihr inne woh nen den Geschehen wissen wir mittlerweile, wenn auch nur in ersten Anfängen, dass sie am ehesten als ein komplexes System zu begreifen ist, zu dem eine Vielzahl von Subsystemen gehört. Dieses System nennen wir das Selbst. Anschließend werden die neuen Theoriegrundlagen zum Selbst und der Reifung seiner Struktur mit der klinisch-praktischen Situation in Verbindung gebracht. Hier wird ein neues Konzept der Zentrierung der tiefenpsychologischen Psychotherapie auf den zentralen unbewussten Konfl ikt vorgestellt und in Verbindung gebracht mit Störungen der Struktur des Selbst. Abschließend werden im Kapitel 'Was wirkt in der tiefenpsychologischen Psychotherapie' die behandlungstechnischen Implikationen der neuen Theorien dargestellt. Darin finden sich wesentliche Konzepte der psychoanalytischen Selbstpsychologie wieder. Der Leser sollte zur Konzeption und zum Gebrauch dieses Buches vorab wissen, dass es die verschiedenen Ebenen der Reflektion (z. B. Entwicklungspsychologie, verschiedene Theorien zur Genese von psychischer Krankheit, die Metatheorie des individuellen Falles, Theorien der Behandlungstechnik und vor allem seine Gegenübertragung), die der Psychotherapeut bei seiner Arbeit im Kopf behalten muss, als rote Gedankenfäden Kapitel für Kapitel verdeutlichen soll, sie vor allem aber vernetzen will. Um dem Leser diese gedankliche Vernetzungsarbeit zu erleichtern, sind alle Absätze mit Zahlen versehen. Sie sollen es Ihnen, verehrte Leser, ermöglichen, die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Reflektionsebenen zu erfassen. Wenn Sie während der Lektüre den in den Text eingefügten Hinweisen folgen, so können Sie rasch die miteinander vernetzten Themen im Buch aufsuchen. In Klammern geschriebene Zahlen zeigen Ihnen an, in welchem Kapitel und in welchem Absatz Sie Textstellen finden können, die in den jeweiligen Zusammenhang einführen oder ihn vertiefen; hin und wieder wird auch auf die jeweils vertiefenden Kapitel oder Unterkapitel verwiesen. Der Sinn dieser Vorgehensweise wird sich Ihnen zunehmend erschließen, wenn Sie bei fortgeschrittener Lektüre die Komplexität der hier skizzierten Vernetzung entdecken und das Bedürfnis verspüren, das eine oder andere Detail noch einmal nachzulesen. Was dabei miteinander vernetzt wird, sind die Sichtweisen verschiedener Theorieansätze, die einander nach meiner Auffassung ergänzen und zu einem Gesamtverständnis integriert werden können. Im Glossar am Ende des Buches wird dem Leser eine weitere Hilfe zum Verständnis des Textes zur Verfügung gestellt. Darin sind die wesentlichen in diesem Buch verwendeten Begriffe in knapper Form erklärt und durch Hinweise mit anderen Begriffen so vernetzt, dass hier rasch Sinnzusammenhänge geknüpft werden können. Diese Vorgehensweise wurde gewählt, um gerade auch dem lernenden Psychotherapeuten, der beginnt, sich in die Materie einzuarbeiten, eine Orientierung in der komplexen Theorienvielfalt, auf die hier Bezug genommen wird, zu ermöglichen. Autor und Verlag verknüpfen mit der Einführung der Absatznummerierung, des beschriebenen Verweissystems, des Glossars und mit der Darstellung zahlreicher Übersichtstabellen die Hoffnung, dass das Buch Psychotherapeuten als Handbuch und Nachschlagewerk dienen kann. Und sie hoffen, dass die synthetisierende Perspektive darin es ermöglicht, die komplexen und vielfältigen Ebenen der Reflektion, die bei der psychotherapeutischen Arbeit zu beachten sind, zu einem kohärenten Zusammenhang zu integrieren. Inhaltliches Ziel der Integrationsarbeit dieses Buches ist es, deutlich werden zu lassen, wie die neuen Theorien der jüngeren Vergangenheit sinnvoll und hilfreich in die klinische Arbeit des Therapeuten einbezogen werden können. Psychotherapie ist in den gesellschaftspolitischen und wissenschaftlichen Rahmen eingebunden, in dem sie stattfindet. Wenn ich mich in diesem Buch vor allem auf die...