Beschreibung
Der Beginn einer neuen Wirtschafts- und Finanzordnung März 2020. Angela Merkel spricht von der größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg. Einschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens haben innerhalb kürzester Zeit zu Veränderungen geführt, die hierzulande noch völlig unmöglich erschienen als sie in China bereits Realität waren. Dann kam der Corona-Schock - der größte ökonomische Crash der Weltgeschichte. Daniel Stelter legt mit Coronomics das Fundament für die Zukunft der Wirtschaft. Seine Logik: Was zumacht, muss auch wieder aufmachen. Aber resistenter als zuvor! Stelter legt dar, wie wir uns jetzt für die Zukunft nach Corona aufstellen müssen. Das wirtschaftliche Umfeld wird ein anderes sein: Aktive Notenbanken, aktive Staaten, Abkehr von der Globalisierung. Die Rückkehr der Inflation droht. Dies verlangt andere Prioritäten: Investition statt Konsum. Echte Reformen von Staat und Gesellschaft. So kann eine alttestamentarisch anmutende Katastrophe der Schlüssel zu einer prosperierenden Zukunft für uns alle werden.
Autorenportrait
Dr. Daniel Stelter ist Bestseller-Autor und Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Forums beyond the obvious (Website und Podcast). Er ist Experte für Wirtschafts- und Finanzkrisen und berät internationale Unternehmen und Investoren zu den Herausforderungen der sich stetig wandelnden globalen Märkte.
Leseprobe
Coronomics Das CoronaVirus hat Europa und die Weltwirtschaft fest im Griff. Die Pandemie hat eine dramatische Dynamik entwickelt. Wenn Sie dieses Buch in den Händen halten, hat die durch COVID19 ausgelöste umfassende Gesundheits und Wirtschaftskrise bereits neue Dimensionen angenommen. Hoffentlich liegt dann der Höhepunkt der Infektionswelle hinter uns und medizinische Therapien sind in Sicht oder gar schon in Anwendung. Selbst wenn es zu einer raschen Erholung der wirtschaftlichen Lage kommt und wir schon in einigen Monaten wieder dieselbe Wirtschaftsleistung aufweisen wie vor der Krise, wird uns die Epidemie noch lange beschäftigen. Die ökonomischen Folgen des Corona-Schocks sind gravierend und sie werden andauern. Vor allem werden sie eine neue Ära der Wirtschaftspolitik einläuten. Ich nenne sie 'Coronomics', ein Kunstwort aus den Wörtern 'Corona', dem Namen des Virus, und 'Economics', den Wirtschaftswissenschaften. Diese neue Wirtschaftspolitik wird das Jahrzehnt prägen und zu einem ganz anderen Umfeld führen, als wir es kennen. Die Inflation dürfte zurückkehren und die Staaten werden weitaus aktiver sein als in den letzten Jahren. Dabei lag ein Politikwechsel ohnehin in der Luft. Auch ohne Virus war absehbar, dass die Weltwirtschaft auf erhebliche Probleme zusteuert. Das Virus hat diese Probleme schließlich nur beschleunigt und vergrößert. Alle Schwachstellen sehen wir nun wie unter einem Brennglas. Viele Leser werden bei der Lektüre geschockt sein und ausrufen, dass man diese oder jene Maßnahme unmöglich hinnehmen oder gar unterstützen dürfe. Dem halte ich entgegen: Ich beschreibe hier, was unweigerlich auf uns zukommt und wie sich Länder aufstellen sollten, um in diesem Szenario die eigenen Interessen konsequent zu vertreten. Denn nur so können wir noch größeren Schaden abwenden - von unserem Land und unserer Wirtschaft und letztlich von Europa. Coronomics wird kommen, ob wir wollen oder nicht. Daniel Stelter Berlin, April 2020 Das Virus, das auf eine geschwächte Wirtschaft traf 2019 war ein gutes Jahr. Zumindest an den Börsen. Nach Daten der Deutschen Bank konnte man als Kapitalanleger faktisch keine Verluste machen. Aktien, Unternehmensanleihen, Staatsanleihen, egal ob in den Industrieländern oder in den Schwellenländern - alles wies Gewinne auf. Ebenso stiegen der Goldpreis und der Preis von Öl. Die Wirtschaft wuchs, aber nicht zu schnell, um zu steigenden Zinsen zu führen. Ein ideales Umfeld für die Kapitalmärkte, die von Rekord zu Rekord eilten. Die Welt feierte den längsten Aufschwung der Nachkriegsgeschichte und die Überwindung der Finanz- und Eurokrise. Auf den ersten Blick sah alles gut aus und man schaute optimistisch auf die kommenden Jahre. Doch diese Sicht trog. Denn die Wirtschaft und die Finanzmärkte waren keineswegs gesund. Warnzeichen häuften sich, dass die Welt nicht so rosig war, wie Politiker, Notenbanken und nicht zuletzt auch die Kapitalmärkte dachten. Nicht wenige Beobachter warnten vor neuen Exzessen an den Börsen und erwarteten eine Korrektur. Nur was der Auslöser sein würde, wussten sie natürlich nicht. Keine Rückkehr zum Trendwachstum vor der Krise Es lohnt, sich den Zustand der Weltwirtschaft vor der Corona-Krise vor Augen zu führen. Denn dann versteht man besser, weshalb das Virus so verheerend auf die Wirtschaft wirkte und noch wirkt, wie wir aus der Krise herauskommen und vor allem, was wir nach der Überwindung der Krise alles ändern müssen, um unser Wirtschaftssystem robuster aufzustellen und zukunftsfähig zu machen. Dies beginnt mit dem Eingeständnis, dass wir zwar seit dem Höhepunkt der Finanzkrise 2009 eine lange wirtschaftliche Erholung erlebt haben, der Aufschwung aber im Vergleich mit früheren Erfahrungen nach Rezessionen enttäuschte. Die Wachstumsraten lagen deutlich unter dem Niveau in der Zeit vor der Finanzkrise. Ökonomen vergleichen dazu das sogenannte Trendwachstum - also die Entwicklung der Wirtschaft, wenn alles so weitergegangen wäre wie vor der Krise - mit der tatsächlichen Entwicklung. Die Differenz zeigt den Wohlstandsverlust durch die Krise und deren Folgen. Und diese sind erheblich. Für die USA belief sich der Verlust auf rund vier Billionen US-Dollar, was rund 20 Prozent des laufenden Bruttoinlandsprodukts (BIP) entsprach. Das ist deshalb so ungewöhnlich, weil die US-Wirtschaft sich von allen vorangegangenen Rezessionen - inklusive der auf das Platzen der Dotcom-Blase 2000 folgenden - stets vollständig erholt hatte. In der Eurozone sah es noch schlechter aus. Auf 3,5 Billionen Euro wird der sogenannte Output-Gap geschätzt, was relativ noch mehr als in den USA ist. Wenn man den Zeitraum seit dem Jahr 2000 betrachtet, muss man sogar zu dem Schluss kommen, dass sich die Eurozone - abgesehen von der kurzen Ausnahme der Jahre 2006 und 2007 - schon seit zwei Jahrzehnten im Niedergang befindet. Ist Deutschland die Ausnahme? Nun, das denken nur wir Deutschen, weil wir in der Tat ein paar gute Jahre erlebt haben. Dieser relative Aufschwung wurde allerdings durch Sonderfaktoren erzeugt. Neben dem Boom in China, das für einen immer größeren Anteil unserer Exporte steht, waren es vor allem die niedrigen Zinsen und der schwache Euro, die unsere Wirtschaft antrieben. Trotzdem lag Ende 2019 in Deutschland das BIP um rund 700 Milliarden Euro unter dem Niveau, das sich bei einer Fortschreibung des Vorkrisentrends ergeben hätte. Weitaus schlimmer stand es um Italien und Griechenland. Nachdem in Italien schon von 2000 bis 2009 das Wachstum gering war, hatte sich das Land bis Ende 2019 noch nicht von der Finanz- und Eurokrise erholt. Das BIP lag auf dem Niveau von 2002 - und das heißt: real gesehen fast 20 Jahre lang kein Wirtschaftswachstum! Verglichen mit dem Trend fehlten beeindruckende 1 000 Milliarden Euro, bei einem Ist-BIP von 1 600 Milliarden. Griechenland war das Extrembeispiel mit einer Lücke von 150 Milliarden, etwa 70 Prozent des Ist-BIP von 195 Milliarden. 2008 lag es noch bei 252 Milliarden. Die Eurozone schien auf dem Weg in das eigene 'japanische Szenario' zu sein, gekennzeichnet durch geringes Wachstum und deflationäre Tendenzen. Allen Bemühungen von Staat und Notenbank zum Trotz hat Japan es nämlich nicht geschafft, die Stagnation der letzten Jahrzehnte zu überwinden. Seit dem Platzen der Spekulationsblase Ende der 1980er-Jahre kämpft das Land mit den Folgen und leidet unter geringem Wachstum sowie geringer Inflation. Verstärkt wird diese Entwicklung durch den Rückgang der Erwerbsbevölkerung. Ein Bild, das nichts Gutes für Europa verheißen sollte, wurden doch die Parallelen immer offenkundiger: geringes Wachstum, beginnender Rückgang der Erwerbsbevölkerung, geringe Inflationsraten. Ökonomen sprechen hier von 'säkularer Stagnation', andere nennen es 'Eiszeit'. Natürlich kann man nicht mit Sicherheit behaupten, dass es ohne Finanz- und Eurokrise weitergegangen wäre wie zuvor. Die Berechnungen bleiben immer nur modellhaft. So kann beispielsweise die Erwerbsbevölkerung mehr oder weniger wachsen und dementsprechend auch die Wirtschaft. Unstrittig ist jedoch, dass die letzten zehn Jahre im Hinblick auf das Wirtschaftswachstum enttäuscht haben - weltweit, aber auch und vor allem in der Eurozone. Wachstumslokomotive der Welt war China. Lag der Anteil des Landes am weltweiten Bruttoinlandsprodukt 2008 noch bei rund acht Prozent, so stieg er innerhalb von nur zehn Jahren auf 18 Prozent. Mehr als 50 Prozent des Wachstums der letzten Jahre stammten aus China, welches entscheidend dazu beitrug, die Krise zu überwinden. Trotzdem mehrten sich im Jahr 2019 die Anzeichen, dass die Wachstumsrate auch in China abnahm. Dies lag vor allem daran, dass China die enorme Entwicklung der letzten zehn Jahre mit einem beträchtlichen Anstieg der Verschuldung erkauft hatte. Lag die Verschuldung von Unternehmen, privaten Haushalten und Staat im Jahr 2008 noch bei unter 150 Prozent des BIP, so näherte sich dieser Wert 2019 der Marke von 280 Prozent. Die Staatsführung hatte das Problem...