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Eliten und Macht in Europa

eBook - Ein internationaler Vergleich

Erschienen am 12.09.2007, 1. Auflage 2007
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593403847
Sprache: Deutsch
Umfang: 268 S., 3.19 MB
E-Book
Format: PDF
DRM: Digitales Wasserzeichen

Beschreibung

Das Zusammenwachsen Europas ist vor allem ein Projekt der Eliten. Allerdings sind deren soziale Herkunft, Bildungswege und Karrieremuster je nach Land höchst unterschiedlich. Unterschiedlich fällt auch die Einkommens- und Vermögensverteilung in den einzelnen europäischen Ländern aus. Gibt es zwischen der Struktur der Eliten und der sozialen Ungleichheit einen Zusammenhang?

Autorenportrait

Michael Hartmann ist Deutschlands renommiertester Elitenforscher. Er steht für die These, dass Herkunft maßgeblich über den Erfolg entscheidet. Bis Herbst 2014 war Hartmann Professor für Soziologie an der TU Darmstadt. Bei Campus sind von ihm mehrere Bücher zum Thema Elite erschienen, zuletzt "Die globale Wirtschaftselite. Eine Legende" (2016).

Leseprobe

Knapp zwei Jahrzehnte nach dem Ende des 2. Weltkriegs hatten sich die Verhältnisse in den vom Krieg betroffenen westeuropäischen Ländern weitgehend stabilisiert. Sah es nach dem Krieg in den meisten Ländern für kurze Zeit noch so aus, als seien der Kapitalismus und mit ihm die herrschenden Klassen und Eliten auf dem Scherbenhaufen der Geschichte gelandet, konnte davon nur gut zehn Jahre später keine Rede mehr sein. Das starke Wirtschaftswachstum und die damit einhergehende deutliche Anhebung des Lebensstandards für die breite Bevölkerungsmehrheit hatten die nach dem Kriege aufgetretenen, zum Teil massiven sozialen Auseinandersetzungen zum größten Teil entschärft. Die (anfangs hohe) Arbeitslosigkeit war rapide gesunken und in einer Reihe von Ländern sogar fast vollkommen verschwunden. Die Zuspitzung des Ost-West-Gegensatzes sorgte gleichzeitig für eine Renaissance konservativer Einstellungen in der Politik wie in der breiten Bevölkerung. Die bis in die erste Hälfte der 1950er Jahre üblichen großen Streiks wurden deutlich seltener. Waren 1950 in Frankreich noch fast zwölf Millionen Arbeitstage durch Streiks verloren gegangen, so sank dieser Wert bis 1960 auf nur noch gut eine Million. In Belgien ging die Zahl von fast 2,8 Millionen auf 334.000 zurück, in Schweden von 41.000 auf 18.000 und in Deutschland sogar von knapp 1,6 Millionen auf nur noch 38.000. Einzig in Großbritannien und Italien blieb das Niveau in etwa gleich hoch (Schmidt 1971: 209f.). Parallel ebbte auch der nach 1945 zu beobachtende steile Anstieg der Gewerkschaftsmitgliedschaft ab, wenn sich der Trend nicht sogar umkehrte. Politisch hatten so gut wie alle Parteien den Kapitalismus als gesellschaftliche Grundlage akzeptiert und ihre Programminhalte, falls erforderlich, dementsprechend angepasst. Die CDU hatte die sozialistisch klingenden Elemente ihres Ahlener Programms von 1947, das noch Forderungen nach der Überführung von Schlüsselindustrien in gemeinwirtschaftliche Formen und zur Planung der Wirtschaft enthielt, vollständig entsorgt (Gurland 1989: 138ff., 370ff.), die SPD ihr Godesberger Programm verabschiedet. Die kommunistischen Parteien verloren stark an Gewicht, versanken zum Teil fast in der Bedeutungslosigkeit. Selbst die weiterhin großen und einflussreichen kommunistischen Parteien Frankreichs und Italiens begannen ihren scharfen Oppositionskurs nach den schweren Niederlagen in den 1950er Jahren zu überdenken und allmählich zu verändern. Die westeuropäischen Eliten und herrschenden Klassen hatten ihre Macht nach einer kurzen Phase der (mehr oder minder ausgeprägten und tief greifenden) Erschütterung grundlegend konsolidiert. Die Wahlergebnisse demonstrierten das unübersehbar. Abgesehen von den skandinavischen Staaten dominierten so gut wie überall die konservativ-bürgerlichen Parteien. Sie regierten zumeist allein oder aber in einigen Fällen (wie etwa in Österreich) auch mit den Sozialdemokraten als Juniorpartner. In den 1950er Jahren deutete sich in vielen Ländern allerdings eine Entwicklung vorsichtig an, die Bewegung in die relativ erstarrten Verhältnisse bringen sollte und auch für die Elitenbildung grundsätzlich von großer Bedeutung sein konnte, die Bildungsexpansion im Hochschulsektor. Ab Anfang der 1960er Jahre gewann sie sehr schnell an Geschwindigkeit und Gewicht. Waren die Universitäten bis zu diesem Zeitpunkt Bildungseinrichtungen für durchschnittlich 2 Prozent eines Jahrgangs und durch ihre hohe Selektivität auch eine wichtige Instanz für die Auslese der jeweiligen nationalen Eliten, so sollte sich zumindest die erste Eigenschaft binnen eines guten Jahrzehnts grundlegend wandeln. Der massive Ausbau der Hochschulen erweiterte das Rekrutierungsbecken für die jeweiligen nationalen Eliten ganz beträchtlich. Ob und inwieweit das die Elitenrekrutierung dann tatsächlich verändert oder zumindest deutlich beeinflusst hat, hing und hängt allerdings von der Gesamtsituation in den verschiedenen Ländern ab, wie noch zu sehen sein wird.

Inhalt

1. Einleitung71.1. Armut und Reichtum in Europa81.2. Eliten und Macht121.3. Forschungsfeld und Forschungsmethode222. Die Neuformierung der Eliten nach 1945302.1. Frankreich und Großbritannien - die Sieger des 2. Weltkriegs322.1.1. Die ungebrochene Macht der Public-School-und Oxbridge-Absolventen332.1.2. Grandes Écoles, Grands Corps und Elitenmobilität392.2. Deutschland und Italien - die Verlierer des 2. Weltkriegs452.2.1. Die Restauration der Elitenstruktur in der deutschen Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Justiz452.2.2. Die italienischen Eliten zwischen Veränderung und Restauration533. Kontinuität und Wandel - die westeuropäischen Eliten von den 1960er Jahren bis heute603.1. Die Bildungsexpansion und die Elitebildungsinstitutionen613.1.1. Der Übergang zur Massenuniversität623.1.2. Die französischen Elitehochschulen673.1.3. Die britischen Elitebildungseinrichtungen723.1.4. Die deutsche Exzellenzinitiative773.2. Die Elitecorps der Verwaltung - Frankreich und Spanien833.2.1. Die hohe Homogenität und Mobilität der französischen Eliten833.2.2. Die Elitecorps der Verwaltung und die Eliten in Spanien1023.3. Elitebildungseinrichtungen, aber geringe Elitenmobilität - Großbritannien und die Schweiz1073.3.1. Eton und Oxbridge - ein Mythos schwächelt1073.3.2. Die Schweizer Eliteuniversitäten und Eliten1233.4. Eliten ohne Elitebildungseinrichtungen - Deutschland, Italien, Österreich und die Beneluxländer1253.4.1. Die Politik1263.4.2. Verwaltung und Justiz1393.4.3. Die Wirtschaft1443.4.4. Geringe sektorübergreifende Elitenmobilität1524. Das skandinavische Modell - offene Gesellschaft, offenes Bildungssystem und offene Eliten?1584.1. Die soziale Rekrutierung der Eliten in Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden1584.2. Die Mobilität der skandinavischen Eliten 1725. Die neuen Eliten in Osteuropa1785.1. Kontinuität oder Ablösung - die neuen und die alten Eliten1785.2. Die soziale Herkunft der neuen Eliten1835.3. "Making Capitalism without Capitalists"1906. Europäisierung der Eliten?1956.1. Die Europäische Kommission1956.2. Europäische Wirtschaftseliten?2047. Eliten, Macht und gesellschaftliche Kräfteverhältnisse2147.1. Elitenbildung und Elitenhomogenität2147.2. Elitenstruktur und soziale Ungleichheit2257.3. Elitenmacht und gesellschaftliche Kräfteverhältnisse238Literatur245Abkürzungen259Namensregister261

Schlagzeile

Gibt es eine europäische Elite?

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