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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783552053342
Sprache: Deutsch
Umfang: 588 S.
Format (T/L/B): 4.2 x 22 x 15 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Curzio Malaparte, 1898 als Sohn eines deutschen Vaters und einer italienischen Mutter geboren, war eine der schillerndsten Gestalten seiner Zeit. Ein Pendler zwischen Futurismus und Faschismus, Kommunismus und Katholizismus, Salons und Schlachtfeldern. Aus den Reportagen, die er im Zweiten Weltkrieg von den Fronten für den "Corriere della Sera" schrieb, entstand 1944 der Roman "Kaputt", der in der Nachkriegszeit zu einem enormen Erfolg und gleichzeitig zu einem großen Skandal wurde. "Kaputt" ist eines der großen Antikriegsbücher des 20. Jahrhunderts, ein monströses Panorama über die Welt der Pogrome und Partisanenkämpfe von Finnland bis zum Balkan.

Produktsicherheitsverordnung

Hersteller:
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
Verantwortlich: Jo Lendle, Oliver Rohloff
E-Mail: info@hanser.de
Kolbergerstrasse 22
DE 81679 München

Autorenportrait

Curzio Malaparte, 1898 in Prato, nahe Florenz, als Sohn eines deutschen Vaters und einer italienischen Mutter unter dem Namen Kurt Erich Suckert geboren, gestorben 1957. Er arbeitete als Journalist, u.a. beu La Voce, La Stampa und Corriere della Sera. Seine Bücher erreichten Millionenauflagen und wurden in alle Sprachen der Welt übersetzt. 2004 erschien bei Zsolnay Kaputt, 2006 folgte der Roman Die Haut.

Leseprobe

Aus dem Italienischen von Hellmut Ludwig

Das Innere der Sauna, des finnischen Dampfbades, wird von dem großen Ofen und einem Wasserkessel eingenommen, aus dem das Wasser auf die glühenden Steine, die über dem duftenden Birkenholzfeuer aufgeschichtet sind, herabtropft und so die Dampfwolke erzeugt. Auf den stufenförmig übereinander gebauten Bänken längs der Wände der Sauna sitzen und liegen etwa zehn nackte Männer. Sie sind so weiß, so weich, so schlaff, so wehrlos. So ganz außerordentlich nackt, daß sie überhaupt keine Haut zu haben scheinen. Ihr Fleisch gleicht dem der Schaltiere; es ist blaß, rosig und verströmt den säuerlichen Geruch der Schaltiere. Ihre Brust ist breit und fett, der Busen üppig und überhängend. Das Gesicht dieser Männer, ernst und hart, eben ein deutsches Gesicht, bildete einen seltsamen Gegensatz zu diesen weißen und schlaffen nackten Gliedern, es wirkte beinahe wie eine Maske. Die nackten Männer sitzen oder liegen auf den Bänken wie müde Leichname. Hin und wieder erheben sie langsam und mit Anstrengung einen Arm, um den Schweiß abzuwischen, der von ihren weißlichen Gliedern rinnt, die mit gelben Sommersprossen wie eine Art leuchtender Krätze bedeckt sind. Nackte deutsche Männer wirken eigenartig wehrlos. Sie sind ohne Geheimnis. Sie erregen keine Furcht mehr. Das Geheimnis ihrer Stärke ist nicht in ihrer Haut, in ihren Knochen, in ihrem Blut, sondern in ihrer Uniform. Sie sind derart nackt, daß sie sich nur in Uniform bekleidet fühlen. Ihre eigentliche Haut ist die Uniform. Wenn die Völker Europas wüßten, welch schlaffe, wehrlose und tote Nacktheit sich unter dem Feldgrau der deutschen Uniform verbirgt, würde das deutsche Heer auch dem schwächsten und schlechtestbewaffneten Volk keine Angst mehr einflößen. Ein Kind würde es wagen, einem Bataillon entgegenzutreten. Es genügt, sie nackt zu sehen, um den verborgenen Sinn ihres Lebens als Volk, der Geschichte ihrer Nation zu verstehen. Sie waren nackt vor uns wie schüchterne, sich schämende Leichname. General Dietl hob den Arm und rief mit lauter Stimme -Heil Hitler!- -Heil Hitler!- antworteten die nackten Männer, und einige hoben mühsam den mit einem Bündel Birkenreiser bewaffneten Arm. Diese Birkenruten dienen zur Selbstgeißelung, es ist der bezeichnendste Augenblick des Saunabadens, sein heiligster Ritus. Aber selbst die Geste dieser rutenbewaffneten Arme wirkte weich und wehrlos. Unter diesen nackten Männern befand sich einer, der auf der untersten Bank saß, ein Mann, den ich irgendwie zu kennen glaubte. Der Schweiß tropfte von seinem Gesicht mit den vorspringenden Backenknochen, und in diesem Gesicht leuchteten die kurzsichtigen Augen, die keine Brille verhüllte, in einem weißlichen und weichen Licht gleich dem der Augen eines Fisches. Er hielt den Kopf aufrecht, in der Haltung herausfordernden Stolzes, hin und wieder machte er eine zurückwerfende Bewegung, und bei dieser ruckartigen, scharfen Bewegung schossen ihm aus den Augen, aus Nase und Ohren Bäche von Schweiß, es war, als sei dieser Kopf mit Wasser angefüllt. Die Hände lagen auf den Knien gefaltet, in der Haltung eines bestraften Schülers. Zwischen den Unterarmen quoll weich und beweglich ein geblähter, rosiger Bauch mit einem seltsam scharf gemeißelten Nabel, der aus dieser rosigen Fettmasse aufragte wie eine zarte Rosenknospe - der Nabel eines Kindes auf dem Bauch eines Greises. Ich hatte niemals einen so nackten, einen so rosigen Bauch gesehen: so zart, daß man Lust bekam, ihn mit der Gabel anzustechen. Dicke Schweißtropfen perlten von der Brust herab, glitten über die Haut dieses rosigen Speckbauches und sammelten sich auf den Schamhaaren wie Tau auf einem Strauchwerk. Darunter hingen, klein und quallig, zwei Bällchen in einem zerknitterten Papierbeutel; und der Mann schien stolz auf diese seine beiden Bällchen zu sein wie Herkules auf seine Manneskraft. Er ... Leseprobe

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