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Kapitel 1 - Lord Tremondi Man stelle sich einen Augenblick lang vor, man hätte sich seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt. Nicht die einfachen, plausiblen Dinge, von denen man seinen Freunden erzählt, sondern den Traum, den man tief im Herzen bewahrt, den man selbst als Kind niemals laut in Worte fassen würde. Man stelle sich beispielsweise vor, man hätte sich danach verzehrt, ein Greatcoat zu sein, einer jener legendären Magister und Fechter, die das Land vom kleinsten Dorf bis zur prächtigsten Stadt bereisen und dafür sorgen, dass jeder Mann und jede Frau, egal ob von hoher oder niederer Geburt, das Gesetz des Königs für sich in Anspruch nehmen kann. Für viele ein Beschützer - für manche sogar ein Held. Man fühlt also den Greatcoat, den schweren Ledermantel, das Symbol des Amtes, auf den Schultern, das täuschend geringe Gewicht der eingenähten Knochenplatten, die einen wie eine Rüstung schützen, und die Dutzenden verborgenen Taschen, die mit den nötigen Werkzeugen und Schlichen, esoterischen Tränken und Pillen gefüllt sind. Man greift nach dem Schwert an der Seite, von dem Wissen beflügelt, dass einem als Greatcoat beigebracht wurde, falls nötig, zu kämpfen. Schließlich verfügt man über die entsprechende Ausbildung, jeden anderen Mann im Duell zu bezwingen. Und jetzt stelle man sich vor, diesen Traum in die Tat umgesetzt zu haben - sämtlichen Hindernissen zum Trotz, die Götter und Heilige in die Welt setzen. Man ist also ein Greatcoat geworden. Aber halt, tatsächlich sollte der Traum noch ehrgeiziger sein: Man stelle sich vor, zum Ersten Kantor der Greatcoats erhoben worden zu sein, und seine beiden besten Freunde stehen einem zur Seite. Nun versuche man sich vorzustellen, wo man ist, was man sieht, was man hört, welches Unrecht man bekämpfen will . 'Sie ficken schon wieder', sagte Brasti. Ich zwang meine Augen auf und erhielt zur Belohnung den verschwommenen Blick auf den Korridor des Gasthauses, einen pompös dekorierten, aber schmutzigen Gang, der einen daran erinnerte, dass die Welt einst wohl ein hübscher Ort gewesen war, nun aber langsam verrottete. Kest, Brasti und ich bewachten den Korridor von dem Komfort heruntergekommener Stühle aus, die aus dem Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss stammten. Uns gegenüber befand sich eine große Eichentür, die zu Lord Tremondis gemietetem Zimmer führte. 'Lass es sein, Brasti', sagte ich. Er schenkte mir einen bewusst vernichtenden Blick, der allerdings nicht besonders effektiv war; Brasti ist etwas zu hübsch, als ihm oder sonst jemandem guttut. Starke Wangenknochen und ein breiter, von einem kurzen rotblonden Bart eingerahmter Mund machen ein Lächeln noch strahlender, das ihn meistens vor den Kämpfen bewahrt, die er mit seinen Worten anzettelt. Sein meisterliches Bogenschießen erledigt den Rest. Aber wenn er versucht, einen niederzustarren, sieht er einfach nur aus, als würde er schmollen. 'Was soll ich denn bitte schön sein lassen?', fragte er. 'Soll ich nicht mehr davon sprechen, dass du mir ein Heldenleben versprachst? Damals, als ich mich bei den Greatcoats verdungen habe, weil du mich dazu überredet hast? Stattdessen nenne ich keine Münze mein Eigen und werde verachtet und verdinge mich notgedrungen als niederer Leibwächter für reisende Händler. Oder die Tatsache, dass wir hier sitzen und unserem großzügigen Gönner - was übrigens eine höfliche Bezeichnung ist, da er uns bis jetzt noch keine lausige schwarze Kupfermünze gezahlt hat - dabei zuhören müssen, wie er eine Frau vögelt? Zum übrigens wievielten Mal seit dem Abendessen? Dem fünften? Wie schafft der fette Sack das überhaupt? Ich meine .' 'Könnten Kräuter sein', unterbrach Kest ihn und streckte sich mit der natürlichen Anmut eines Tänzers. 'Kräuter?' Kest nickte. 'Und was versteht der sogenannte >größte Fechter der Welt< von Kräutern?', wollte Brasti wissen. 'Vor ein paar Jahren verkaufte mir ein Apotheker ein Gebräu, das den Schwertarm angeblich auch dann noch stark hält, wenn man halb tot ist. Ich habe es ben