Beschreibung
Wenn die Toten auferstehen Zehn Jahre ist es her, dass Carolyns Bruder von einem Tag auf den anderen spurlos verschwand. Um der quälenden Unsicherheit über sein Schicksal endlich ein Ende zu bereiten, beginnt Carolyn zu recherchieren. Sie stößt auf ein fürchterliches Verbrechen in der Vergangenheit - und auf einen Täter, dem sie bereits viel zu nahe gekommen ist . Vor genau zehn Jahren ist Carolyns Bruder Mack spurlos verschwunden. Er war einfach aus seinem Studentenzimmer in Manhattan weggegangen und nie wiedergekehrt. Doch gibt es ein Lebenszeichen: Jedes Jahr am Muttertag lässt er seine Familie per Telefon wissen, dass es ihm gut geht - und legt panischen Nachfragen zum Trotz einfach auf. Die Mutter ist an dem Schmerz fast zerbrochen, und auch Carolyn spürt, dass sie nie ihr eigenes Leben führen kann, solange das große Geheimnis um Mack nicht gelüftet ist. Sie beginnt, den Fall zu recherchieren. Gleichzeitig wird eine junge Frau in Manhattan entführt. Ausgerechnet am Muttertag lässt der Entführer sie ein verzweifeltes Telefonat mit ihrer Familie führen. Und es gibt noch weitere beunruhigende Verbindungen zu Mack. Ist er am Ende nicht ein Opfer, sondern der Täter? Immer bestürzendere Wahrheiten fördert Carolyn zutage. Zu spät merkt sie, dass der Täter sie längst beobachtet - und nur noch darauf wartet, zuzuschlagen.
Leseprobe
Es ist Punkt Mitternacht, und das bedeutet, dass Muttertag soeben begonnen hat. Ich übernachte heute in der Wohnung meiner Mutter in Sutton Place, wo ich aufgewachsen bin. Meine Mutter liegt in ihrem Schlafzimmer am anderen Ende des Flurs. Beide halten wir Wache am Telefon und warten, so wie jedes Jahr, seit mein Bruder Charles MacKenzie jr., genannt »Mack«, vor zehn Jahren aus der Wohnung verschwand, die er mit zwei anderen Studenten der Columbia University teilte. Seitdem hat ihn niemand mehr gesehen. Doch jedes Jahr an Muttertag ruft er irgendwann an, um Mom zu versichern, dass es ihm gut geht. »Mach dir keine Sorgen um mich«, sagt er zu ihr. »Eines Tages werde ich den Schlüssel ins Schloss stecken und wieder da sein.« Danach legt er auf. Wir wissen nicht, wann Mack in diesen vierundzwanzig Stunden anrufen wird. Letztes Jahr rief er ein paar Minuten nach Mitternacht an, und das Warten fand bereits ein Ende, bevor es richtig begonnen hatte. Vor zwei Jahren kam sein Anruf buchstäblich in letzter Sekunde, und Mom war schon in größter Verzweiflung, dass die einzig verbliebene Verbindung endgültig unterbrochen sein könnte. Mack muss davon erfahren haben, dass mein Vater beim Anschlag auf die Twin Towers ums Leben kam. Eigentlich war ich mir sicher: Was auch immer mit ihm los war, dieser schreckliche Tag würde ihn dazu bewegen, nach Hause zu kommen. Doch dem war nicht so. Und als er am darauffolgenden Muttertag wieder anrief, stammelte er mit tränenerstickter Stimme: »Es tut mir leid wegen Dad. Es tut mir wirklich leid«, dann unterbrach er die Verbindung. Mein Name ist Carolyn. Ich war sechzehn, als Mack aus unserem Leben verschwand. In seine Fußstapfen tretend, schrieb ich mich an der Columbia University ein. Nach dem Collegeabschluss habe ich dann gewechselt und bin zum Jurastudium an die Duke University gegangen. Mack war gerade erst dort aufgenommen worden, als er verschwand. Im letzten Jahr habe ich mein Studium abgeschlossen, und danach habe ich als Assistentin für einen Richter am Zivilgericht in der Centre Street im unteren Manhattan gearbeitet. Richter Paul Huot ist gerade in Pension gegangen, daher bin ich im Augenblick arbeitslos. Ich habe vor, mich um eine Stelle als Assistentin bei der Bezirksstaatsanwaltschaft in Manhattan zu bewerben, aber damit lasse ich mir noch etwas Zeit. Zunächst muss ich einen Weg finden, meinen Bruder aufzuspüren. Was ist mit ihm passiert? Warum ist er verschwunden? Es gab keine Anzeichen für ein Verbrechen. Macks Kreditkarten wurden nicht benutzt. Sein Wagen stand in der Garage in der Nähe seiner Wohnung. Niemand, auf den seine Beschreibung passte, landete im Leichenschauhaus, obwohl meine Eltern in der ersten Zeit hin und wieder aufgefordert wurden, sich den Leichnam irgendeines nicht identifizierten jungen Mannes anzuschauen, der aus dem Fluss gefischt worden oder bei einem Unfall ums Leben gekommen war. In meiner Kindheit war Mack mein bester Freund, mein Vertrauter, mein Kumpel. Die Hälfte meiner Freundinnen verliebte sich in ihn. Er war der perfekte Sohn, der perfekte Bruder, gut aussehend, freundlich, witzig, ein hervorragender Student. Was ich heute für ihn empfinde? Ich weiß es nicht mehr. Ich erinnere mich, wie sehr ich ihn geliebt habe, doch diese Liebe hat sich fast vollständig in Zorn und Groll verwandelt. Am liebsten würde ich glauben, er sei nicht mehr am Leben und jemand erlaube sich einen grausamen Scherz, aber es besteht kein Zweifel, dass er noch lebt. Vor Jahren haben wir einen seiner Anrufe aufgenommen und die Merkmale seiner Stimme mit Stimmproben aus alten Familienvideos abgleichen lassen. Sie waren identisch. Das alles bedeutet, dass Mom und ich in einem Zustand ständiger Unsicherheit über sein Schicksal ausharren, und bevor Dad im brennenden Inferno des 11. September umkam, galt dasselbe auch für ihn. In all diesen Jahren konnte ich nie in ein Restaurant oder in ein Theater gehen, ohne dass ich mit dem Blick alles absuchte in der Hoffnung, durch einen Zufall au Leseprobe