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Der Panama-Hut

oder Was einen guten Therapeuten ausmacht

Erschienen am 04.01.2010
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442740390
Sprache: Deutsch
Umfang: 334 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 18.7 x 11.8 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Schlüsselmomente der Psychoanalyse - humorvoll und lehrreich in Szene gesetzt Wie sieht es aus, das richtige Verhältnis zwischen Therapeut und Klient? Welche Abgründe gilt es zu verbergen, welche offen zu legen? Was ist von Patiententräumen zu halten, in denen der Therapeut eine entscheidende Rolle spielt? Irvin D. Yalom, Amerikas angesehenster und wortgewaltigster Psychotherapeut, zieht die Bilanz seines über fünfzigjährigen Berufslebens und beschert seinen Lesern ungewohnte Einblicke in das Leben eines Therapeuten - ein lehrreiches und mit zahlreichen Anekdoten gewürztes Lesevergnügen.

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Autorenportrait

Irvin D. Yalom wurde 1931 als Sohn russischer Einwanderer in Washington, D.C. geboren. Er gilt als einer der einflussreichsten Psychoanalytiker in den USA und ist vielfach ausgezeichnet. Seine Fachbücher gelten als Klassiker. Seine Romane wurden international zu Bestsellern und zeigen, dass die Psychoanalyse Stoff für die schönsten und aufregendsten Geschichten bietet, wenn man sie nur zu erzählen weiß.

Leseprobe

Es ist dunkel. Ich betrete Ihre Praxis, kann Sie dort jedoch nirgends finden. Die Praxis ist leer. Ich sehe mich um. Das Einzige, was ich entdecke, ist Ihr Panama-Hut. Und der ist voller Spinnweben. Die Träume meiner Patienten haben sich verändert. Mein Hut ist voller Spinnweben. Meine Praxis ist dunkel und verlassen. Ich bin nirgendwo zu finden. Meine Patienten sorgen sich um meine Gesundheit: Werde ich den langen Zeitraum, den ihre Therapie in Anspruch nimmt, überleben? Wenn ich in Urlaub fahre, fürchten sie, dass ich nicht zurückkehre. Sie malen sich aus, wie sie an meiner Beerdigung teilnehmen oder mein Grab besuchen. Meine Patienten lassen mich nie vergessen, dass ich alt werde. Aber damit erfüllen sie nur ihre Aufgabe: Habe ich sie nicht aufgefordert, all ihre Gefühle, Gedanken und Träume zu offenbaren? Sogar potenzielle neue Patienten stimmen in den Chor ein und begrüßen mich unweigerlich mit der Frage: "Nehmen Sie immer noch Patienten an?" Eine unserer Hauptmethoden der Todesleugnung ist der Glaube an eine persönliche Besonderheit, die Überzeugung, dass wir von biologischen Notwendigkeiten ausgenommen sind und das Leben uns nicht ebenso hart mitspielen wird wie allen anderen. Ich erinnere mich, wie ich vor vielen Jahren einen Augenarzt aufsuchte, weil ich nicht mehr so gut sah. Er erkundigte sich nach meinem Alter und meinte dann: "Achtundvierzig, aha. Ja, Sie sind pünktlich dran, ganz nach Plan!" Natürlich wusste ich vom Verstand her, dass er völlig Recht hatte, doch aus meinem tiefsten Innern stieg ein Schrei empor: "Welcher Plan? Wessen Plan? Mag ja sein, dass Sie und andere pünktlich nach Plan funktionieren, aber ich doch nicht!" Und so wird mir mit Schrecken klar, dass ich in eine Spätphase meines Lebens eintrete. Meine Ziele, Interessen und Ambitionen haben sich auf vorhersagbare Weise verändert. In seiner Studie über den Lebenszyklus beschrieb Erik Erickson diesen späten Lebensabschnitt als Stadium der Generativität, eine postnarzisstische Phase, in der sich die Aufmerksamkeit für die eigene Entwicklung zur Fürsorge für und zum Interesse an nachfolgenden Generationen wandelt. Jetzt, da ich mich den siebzig nähere, weiß ich die Klarheit von Ericksons Sichtweise zu schätzen. Sein Konzept der Generativität scheint mir richtig. Ich möchte weitergeben, was ich gelernt habe. Und zwar so bald wie möglich. Der nächsten Generation von Psychotherapeuten Anleitung und Inspiration zu bieten, wird heute jedoch immer problematischer, weil unser Fachgebiet in einer tiefen Krise steckt. Ein von wirtschaftlichen Überlegungen gesteuertes Gesundheitssystem schreibt eine radikale Veränderung der psychologischen Behandlung vor, sodass die Psychotherapie jetzt zur Rationalisierung verpflichtet ist - das heißt vor allem kostengünstig und damit notgedrungen kurz, oberflächlich und wenig fundiert sein muss. Ich mache mir Sorgen darüber, wie die nächste Generation leistungsfähiger Psychotherapeuten ausgebildet werden wird. Sicherlich nicht als Assistenten von Psychiatern. Die Psychiatrie steht kurz davor, das Feld der Psychotherapie zu verlassen. Junge Psychiater sind gezwungen, sich auf Psychopharmakologie zu spezialisieren, weil Kosten für eine Psychotherapie mittlerweile nur noch dann erstattet werden, wenn sie von niedrig honorierten (anders gesagt: schlecht ausgebildeten) Ärzten durchgeführt wird. Es scheint gewiss, dass die heutige Generation klinischer Psychiater, die sich sowohl in der Psychotherapie als auch in pharmakologischer Behandlung auskennt, eine aussterbende Spezies ist. Wie steht es mit einer Ausbildung in klinischer Psychologie - die diese Lücke offensichtlich füllen könnte? Leider sind klinische Psychologen demselben Druck des Marktes ausgesetzt wie die Psychotherapeuten, und psychologische Institute, die Doktoranden aufnehmen, reagieren damit, dass sie eine Therapie lehren, die symptomorientiert, kurz und damit kostengünstig ist. Also sorge ich mich um die Psychotherapie - um ihre Deformation durch ökono Leseprobe