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Der Kugeltrick

Roman

Erschienen am 08.09.2008
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442465088
Sprache: Deutsch
Umfang: 411 S.
Format (T/L/B): 2.7 x 18.5 x 11.7 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Schottische Kneipen, Berliner Hinterhöfe und ein Zaubertrick, der tödlich enden kann Eigentlich ist William Wilson ein eher durchschnittlicher Zauberkünstler. Er führt die üblichen Taschenspielertricks vor und zersägt die eine oder andere Jungfrau. Nun soll er während einer seiner Shows dem pensionierten Detective Inspector James Montgomery einen Umschlag entwenden. Kein Problem für ihn, doch dann geht alles schief: Die Übergabe an den Clubbesitzer Bill Noon wird vereitelt, und William kann sich gerade noch aus dem Staub machen - mit dem Umschlag. Keine gute Idee, denn auch ein ehemaliger Polizist lässt sich nicht einfach so ein Geschäft vermiesen .

Autorenportrait

Louise Welsh, geboren 1965 in London, hat Geschichte studiert, acht Jahre in einem Antiquariat gearbeitet und dann ein Creative-Writing-Studium abgeschlossen. Ihr erster Roman "Dunkelkammer" wurde mit dem "Crime Writer Association", dem John Creasy Memorial "Dagger-Award" für den besten ersten Kriminalroman und dem "Saltire First Book Award" ausgezeichnet. In Deutschland erhielt er 2004 den "CORINE Debüt Preis" 2004. Louise Welsh lebt in Glasgow.

Leseprobe

Glasgow Das Flugzeug setzte mit einem harten Ruck auf, und ich wurde wach. »Eine beneidenswerte Gabe.« Die blonde Frau auf dem Nebensitz lächelte. Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht. »Pardon?« »Seit Tegel haben Sie wie ein Toter geschlafen, Sie Glücklicher. So gut schlafe ich nicht mal im eigenen Bett.« Unter anderen Umständen hätte ich vielleicht gefragt, wie sie in fremden Betten schlief, aber ich hielt den Mund und wartete, bis der Pilot die Maschine erst holpernd und dann sanft ausrollen ließ; ein Flug wie jeder andere. Die Anzeigenlämpchen erloschen; die Geschäftstypen sprangen auf und zerrten ihre Aktenkoffer aus den Gepäckfächern. Ein Handy erwachte dudelnd zum Leben, und ein Mann sagte: Ich ruf dich in zehn Minuten zurück. Bin gerade im Flugzeug. Er lachte. Nein, ist okay, wir sind schon gelandet. Meine schlafgestörte Nachbarin stand auf, und ich holte meinen Utensilienkoffer unter dem Vordersitz hervor. Er fühlte sich schwer an, obwohl in Berlin nichts dazugekommen war - außer dem dicken Umschlag voller Geldscheine, die ich nicht mal gezählt hatte. Die Schlange der Passagiere schob sich den Gang entlang, dann über die Metalltreppe hinunter zur Rollbahn. Niemand küßte den Boden. Ich stellte den Mantelkragen hoch und richtete den Blick nach unten. Auf dem Transportband trudelten dichtgedrängt die Gepäckstücke, aber ich hatte meinen kaputten Koffer mitsamt Inhalt in einem Hotelzimmer in Berlin gelassen. Der Mann, der die Reihenfolge der Taxis dirigierte, trug zum Schutz vor dem Wetter eine dicke Jacke in Leuchtfarbe, die offiziell aussah, und eine alte karierte Schirmmütze, die es nicht tat. Er schlug die Tür hinter dem Fahrgast zu, den er im Wagen vor mir verstaut hatte, und drehte sich zu mir um. »Wohin?« »Glasgow.« Er lächelte geduldig, ein Mann, gewöhnt an Jetlag und schlechtes Englisch, und fragte: »Wohin in Glasgow, junger Mann?« »Stadtzentrum.« Er machte sich eine Notiz auf seinem Klemmbrett und sagte: »Schon besser.« Dann winkte er das nächste weiße Taxi heran. Der Fahrer stellte mir dieselbe Frage wie sein Vorgesetzter. Diesmal sagte ich: »Wissen Sie, wo ich irgendwo im Zentrum ein möbliertes Zimmer mieten kann?« Er musterte mich im Rückspiegel und sah dasselbe Gesicht, das ich vor wenigen Minuten auf dem Herrenklo mit kaltem Wasser bespritzt hatte. Ein Dutzendgesicht mit einer tiefen Furche mitten in der Stirn, die vielleicht auf Skrupellosigkeit oder Sorgen schließen ließ, aber nichts an sich hatte, was mich aus einer Menschenmenge heraushob. Ich sagte: »Es wär auch was für Sie mit drin.« Und er lenkte das Taxi aus dem Flughafengelände, Richtung Glasgow und Gallowgate. Glasgow Ich lehnte mich zurück und schloß die Augen. Ich fragte mich, wie ich in dieses Schlamassel hineingeraten war und was diese Stadt, die ich einmal mein Zuhause genannt hatte, für mich bereithielt. London An dem Abend, als ich Sylvie kennenlernte, rettete sie mir das Leben. Die Zeiger der Uhr sind weitergewandert, die Kalenderseiten umgeblättert, die Zahlen von Schwarz nach Rot und wieder nach Schwarz zurückgewandert, Farbschatten wie bei einem Kartenspiel, und mir wird bewußt, daß mehr als ein Jahr vergangen ist, seit ich Sylvie zum ersten Mal sah. In diesen trüben Tagen war ich als William Wilson, Mentalist und Illusionist bekannt. Die Zauberei befreite sich gerade von ihren Fesseln, von Frack und Fliege. Sie war aus den Fernsehprogrammen zur besten Sendezeit verdrängt worden, war abgetaucht in die Subkultur und hatte sich in den Freakshows und Zirkussen durchgebissen, und jetzt sah es so aus, als wäre die Zeit wieder reif für ihren großen Auftritt. Ich war einer der vielen, die sich einbildeten, die Branche zu neuem Leben erwecken zu können, wenn ich nur die Chance dazu hätte. Wie ein Spieler, der auf das richtige Blatt wartet. Vor sieben Jahren hatte ich Glasgow verlassen, um nach London zu gehen; seitdem war ich kreuz und quer durchs Land gezogen, lange genug, um halbwegs zu wissen, in we