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Autorenportrait
Alfred Andersch, 4. 2. 1914 München - 21. 2. 1980 Berzona (Tessin). Nachdem er 1928 das Gymnasium nach der Untertertia verlassen hatte, absolvierte A. eine Buchhandelslehre. Anschließend war er arbeitslos. Er engagierte sich politisch in der KPD und wurde Organisationsleiter des Kommunistischen Jugendverbandes von Südbayern. Nach dem Reichstagsbrand 1933 war er für drei Monate im KZ Dachau inhaftiert. Nach der Haft löste er sich von der KPD und arbeitete in München und Hamburg als Angestellter. Nach einer kurzen Zeit bei der Wehrmacht in Frankreich (1940) lebte er als Angestellter in Frankfurt a. M., bis er 1943 wieder einberufen wurde. 1944 desertierte er in Italien (vgl. Die Kirschen der Freiheit); während seiner Gefangenschaft in den USA arbeitete er an der Kriegsgefangenenzeitschrift Der Ruf mit. Nach Kriegsende war er zunächst Redaktionsassistent bei E. Kästner am Feuilleton der Neuen Zeitung in München, dann 1946-47 Mitherausgeber der Zeitschrift Der Ruf. Seit 1948 arbeitete er für den Rundfunk zunächst in Frankfurt (Abendstudio), dann 1955-58 in Stuttgart (Radio-Essay). Danach lebte er als freier Schriftsteller in Berzona (1972 Schweizer Staatsbürgerschaft). Ausbruch aus kollektiven oder privaten Zwängen, Flucht in die Freiheit ist nicht nur das Thema seines Berichts Die Kirschen der Freiheit, der von seiner Desertion erzählt, sondern bleibt ein zentrales Thema seines erzählerischen Werkes und seiner Hörspiele. Damit verbinden sich Auseinandersetzungen mit Kommunismus und Nationalsozialismus, aber auch mit der dt. Gegenwart (und der in ihr weiterlebenden Vergangenheit), wie sie sich etwa in dem Gesellschaftsroman Die Rote oder dem Bericht des als Journalist nach Deutschland zurückgekehrten jüdischen Emigranten Efraim spiegelt. Die Frage, die der Humanist in der autobiographischen Schulgeschichte Der Vater eines Mörders stellt, bleibt aktuell: Schützt Humanismus denn vor gar nichts? A. erprobte verschiedene Möglichkeiten des modernen Erzählens, von dem an Gertrude Stein und Hemingway geschulten, betont einfachen Erzählgestus seines ersten Romans Sansibar bis hin zur komplexen Montage von zeitlich versetzten Erzählsegmenten, Dokumenten und Sachbuchzitaten in seinem letzten Roman Winterspelt. Neben der erzählenden Prosa und den Hörspielen entstanden zahlreiche essayistische Arbeiten, Reisebücher- und Übersetzungen. In: Reclams Lexikon der deutschsprachigen Autoren. Von Volker Meid. 2., aktual. und erw. Aufl. Stuttgart: Reclam, 2006. (UB 17664.) - © 2001, 2006 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart.